Das neue Stück von Rainald Goetz trägt im Titel ein Zitat aus dem Glaubensbekenntnis, es heißt »Reich des Todes«. Dorthin ist der Autor hinabgestiegen, in einen imaginierten Hades, wo er sein Personal berichten lässt von einem Bruch in der Zivilisationsgeschichte.
Rainald Goetz ist als Schriftsteller auch immer ein Chronist der Gegenwart und der jüngeren Vergangenheit, ein Autor, der die Zeit, die er beschreibt, umwandelt in seine »Ichzeit«, wie es Maxim Biller einmal genannt hat. Die »Ichzeit«, das ist die Ableitung, die Interpretation, die künstlerische Begreifbarmachung des eigentlich Geschehenen. In »Reich des Todes« ist es eine Geschichte des historischen Niedergangs nach dem 11. September 2001. Goetz und sein Personal aus Politikerinnen und Strippenziehern, Soldatinnen und Folterknechten, Juristen und Geschundenen erzählen von der Zeitenwende, die die Anschläge einleiteten. Sie erzählen vom langen Schatten, den die brennenden WTC-Türme warfen, in dessen Dunkelheit sich Überwachungsstaat, Staatsfolter und maßloser Machtmissbrauch Bahn brachen.
Es ist eine dunkle Geschichte einer jungen Vergangenheit, die unsere Gegenwart begründet hat, eine Erzählung von einem ungeheuer lichen Bruch mit allem, was uns als Gesellschaft vermeintlich ausmacht – orientiert an der Realität und geworfen in die Goetz’sche Assoziationsund Verknüpfungsmaschine, die virtuos und glasklar das Böse im Menschen als Konstante beschreibt, hinweg über alle historischen und geografischen Grenzen. (Quelle: D'haus)