
Sechs außerordentliche Museen mit unverwechselbaren Charakteristika
Ob ehemalige Raketenstation oder still gelegter Tunnel – Düsseldorfer Museen machen’s möglich
„Die Region um Düsseldorf verfügt über eine Dichte an Museen, die es in dieser Form kein zweites Mal auf der Welt gibt“, äußerte Gil Bronner, Initiator der Sammlung Philara, der Süddeutschen Zeitung gegenüber vor geraumer Zeit. Und es stimmt: Was hochkarätige Kunstausstellungen in renommierten Häusern angeht, muss die Landeshauptstadt und deren Einzugsgebiet die internationale Konkurrenz nicht fürchten. K20 und K21 als Dependancen der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Museum Kunstpalast, Kunsthalle – das sind nur die großen Vier. Institutionen wie die Julia Stoschek Collection oder das NRW-Forum tragen das Ihre zum Ruf Düsseldorfs als Kunststadt bei. Gleiches gilt selbstverständlich für die Kunstakademie, und das seit Jahrzehnten: Von Joseph Beuys über Gerhard Richter bis Andreas Gursky – die bekanntesten deutschen Künstler der vergangenen Jahrzehnte haben hier gelernt und/oder gelehrt. Doch wer die Düsseldorfer Museumslandschaft wirklich durchwandern will, tut gut daran, sich von einem allzu engen Kunstbegriff zu lösen und sich abseits der etablierten Pfade umzuschauen. Und manchmal ist es die außergewöhnliche Location, die den Museumsbesuch zu etwas ganz Besonderem macht. Hier ein paar Vorschläge zur Horizonterweiterung mit hohem Unterhaltungswert.

KIT – Kunst im Tunnel
Was wäre Düsseldorf ohne den Rhein – und welches enorme Plus an Lebensqualität haben wir durch die Rheinuferpromenade hinzugewonnen. Kaum vorstellbar, dass hier bis vor gut 30 Jahren der Verkehr vierspurig entlang donnerte. Die Pläne für die neue Flaniermeile zwischen Oberkasseler Brücke und Rheinkniebrücke lieferte damals der Architekt Niklaus Fritschi, gemeinsam mit den Kollegen Benedikt Stahl und Günter Baum. Was dieses stadtplanerische Kabinettstück mit der Düsseldorfer Museumslandschaft zu tun hat? Nun, beim Bau des Rheinufertunnels für den Autoverkehr wurde ein statisch notwendiger sogenannter Tunnelrestraum geschaffen, mit direktem Zugang zur Rheinuferpromenade. Der Rest ist Geschichte: Noch während der Bauphase bot die unterirdische Location in bester Lage der Düsseldorfer Off-Szene Platz für Ausstellungen und Events. Und was als Provisorium (ohne Strom und Toiletten und mit Behelfstreppe aus Gerüsten) begann, sollte 2007 amtlich werden: Nachdem Fritschi, Stahl und Baum erneut Hand angelegt und den 888 Quadratmeter großen, sich durch eine Rampe verjüngenden Raum im roughen Betonlook den (Sicherheits-)Anforderungen entsprechend umgestaltet hatten, ging das KIT – Kunst im Tunnel in den regulären Ausstellungsbetrieb. Von Beginn an im Fokus: junge, zeitgenössische Kunst und ein interdisziplinäres Programm, nicht selten inspiriert von der außergewöhnlichen Architektur. Oberirdisch könnt ihr im Anschluss an euren Museumsbesuch in oder vor dem verglasten KIT-Café-Pavillon Empanadas und Tapas genießen, und immer wieder auch das eine oder andere Live-Konzert. Nicht zu vergessen: das Rheinpanorama!

Langen Foundation
Wir wechseln die Rheinseite und lassen die Stadtgrenzen hinter uns, denn es lohnt sich: 25 Autominuten von der Düsseldorfer Innenstadt entfernt hat die Langen Foundation eine Heimat auf dem Gelände der Raketenstation Hombroich gefunden, genauer: in einem Ausstellungshaus aus der Feder des japanischen Stararchitekten Tadao Andō. Doch der Reihe nach: Wie das KIT verdankt sich die Raketenstation Hombroich einer spektakulären Umnutzung. Der Name deutet es an: Früher befand sich hier, in Neuss-Holzheim, eine Raketenstellung der NATO. 1990 wurde der Standort geschlossen. In der Folge entwickelte Karl-Heinrich Müller, Gründer der benachbarten Museums-Insel Hombroich, für das Gelände ein visionäres Projekt. Kunst – frei nach Paul Cézanne – „parallel zur Natur“ zeigen, so der Plan. Und spätestens, nachdem Pritzker-Preisträger Tadao Andō für das Projekt gewonnen werden konnte und seinen Entwurf präsentiert hatte, war klar: Dieses Vorhaben gelingt gigantisch gut! Gestiftet wurde der Bau von der Kunstmäzenin Marianne Langen. 2004 wurde die Langen Foundation mit ihren insgesamt drei Ausstellungsräumen auf einer Gesamtfläche von 1.300 Quadratmetern eingeweiht. Nicht nur Beton, Glas und Stahl, auch Luft, Licht und Wasser (in Form eines Spiegelteichs) prägen den Ort, der durch seine klaren Strukturen und spektakulären Blickachsen beeindruckt und einzigartig unter den Düsseldorfer Museen ist. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt auf japanischer Kunst, bei den wechselnden Ausstellungen ist das Spektrum breiter. Und wenn ihr schon mal vor Ort seid: Bis zur Museums-Insel Hombroich ist es nur ein Katzensprung.

Bonsai-Museum
Habt auch ihr ein Faible für die japanische Kultur, ihre ausbalancierte Ästhetik und den Sinn für Details? Dann wisst ihr sicher, dass ihr in Düsseldorf auch abseits von Little Tokyo mit seinen zugegeben verführerischen Ramenläden, Sushi-Spots und Sternerestaurants auf ihren Spuren wandeln könnt. Vermutlich wart ihr als Japan-EnthusiastInnen schon mal im Japanischen Garten im Nordpark oder im EKŌ-Haus in Niederkassel. Aber kennt ihr auch das Bonsai-Museum? Wenn nicht, geht hin, denn die Faszination, die von einer 50 Jahre alten Mädchenkiefer oder einer 150-jährigen Japanischen Lärche im Miniaturformat ausgeht, ist mit Worten nur schwer zu beschreiben. Das von einem Verein betriebene Freiluftmuseum an der Hammer Dorfstraße erklärt entlang eines Lehrpfades mit mehr als 120
Bäumen alles Wissenswerte zum Thema Bonsai. Ihr erfahrt beispielsweise, dass in Japan der Familien-Bonsai oft mehrere Generationen überdauert und meist an dem ältesten Sohn vermacht wird. Einen Bonsai in die gewünschte Form zu bringen, ihn jahrzehntelang zu pflegen und dabei seinem Wesen nachzuspüren, das ist eine anerkannte Kunst, die längst auch in Europa eine eigene Traditionslinie besitzt. Im Bonsai-Museum in Düsseldorf-Hamm bekommt die Gelegenheit, zu einem Baum, dessen Krone ihr sonst nur aus der Ferne betrachten könnt, eine große Nähe zu entwickeln.

Museum für Gartenkunst
Die Düsseldorfer Museen-Landschaft ist vielschichtig: Von der Langen Foundation über das Bonsai-Museum und hin zu dem Museum für Gartenkunst, das im Schloss Benrath beheimatet ist: Das Thema Kunst und Natur prägt das Profil gleich einer ganzen Reihe von Ausstellungshäusern in und um Düsseldorf – der Begriff der Museumslandschaft erfährt geradezu eine Bedeutungserweiterung. Allemal im Fall des Museums für Gartenkunst, widmet sich dieses Haus doch nicht nur der europäischen Gartengeschichte, sondern findet sein Sujet auch (was wäre naheliegender?) in dem es umgebenden Benrather Schlosspark. Der ist sowohl gartenkünstlerisch als auch kultur- und naturgeschichtlich ein äußerst spannendes Fleckchen Erde und ein wohl ebenso großer Publikumsmagnet wie das Schloss selbst, das Nicolas de Pigage Mitte des 18. Jahrhunderts für Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz im Stil des französischen Rokokos errichtet hat. Der Schlosspark ist teils als Naturschutzgebiet ausgewiesen und steht unter Denkmalschutz, nicht zuletzt, da sich hier im 19. Jahrhundert bedeutende Gartenkünstler wie Maximilian Friedrich Weyhe und Peter Joseph Lenné verewigten. Im Museum für Gartenkunst wird der Historie der bis ans Rheinufer reichenden Parkanlage nachgespürt und zugleich eine internationale Perspektive eröffnet, samt Rückblick auf 2.500 Jahre europäische Gartengeschichte. Ihr möchtet etwas über die Blumenmoden vergangener Jahrhunderte erfahren, über Gehölzschnittkunst, die Herkunft seltener Pflanzen oder den Garten als Apotheke? Dann seid ihr in diesem Schloss-Museum goldrichtig.
Das Museum für Gartenkunst
schloss-benrath.de/museum-fuer-gartenkunst

Filmmuseum Düsseldorf
In diesem Museum tritt zwischen Ich und Welt die Kamera – die Filmkamera. Interaktivität sorgt sowohl für Spaß als auch für vertieftes Erleben. Also, Cineasten aufgepasst: Egal, ob es um die Stars vor und hinter der Linse geht, den weiten Weg bis zum Farbfilm oder die Vorgeschichte der Kinematographie – im Filmmuseum Düsseldorf könnt ihr euer Fachwissen pimpen. In den Ausstellungsräumen auf vier Etagen und knapp 2.200 Quadratmetern, untergebracht im Erweiterungsbau des Hetjens-Museums in der Düsseldorfer Carlstadt, erwarten euch kleine und große Filmreliquien, darunter Kostüme von Kinolegenden, wie Klaus Kinskis Vampirkostüm aus Werner Herzogs „Nosferatu“. Anhand von Exponaten wie Camera Obscuras aus den 1880er Jahren, Filmprojektoren und Kameras vom frühen 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart wird die rasante Entwicklungsgeschichte des Films lebendig. Zur Dauerausstellung gehört ein nachgebautes Filmstudio, in dem ihr euch zwischen Kulisse, Windmaschine und Scheinwerfer selbst als Regisseur oder Darsteller fühlen könnt. Auch eine Blue Box kann ausprobiert werden. Selbst erstellte Clips lassen sich per USB-Stick mit nach Hause nehmen. Ihr ahnt es: Um diese cineastische Reise anzutreten, solltet ihr genügend Zeit mitbringen. Erst recht, wenn ihr dem hauseigenen Kino Black Box noch einen Besuch abstatten möchtet. Hier befindet sich übrigens eine von nur noch fünf erhaltenen Welte-Kinoorgeln, die manchmal noch immer bei Stummfilmvorführungen zum Einsatz kommt.
The Cali Dreams Museum
Vom Fernen Osten an die West Coast: Von einem Trip durch die USA kehrten Mike Naseband und Kevin Kock mit kalifornischer Sonne im Herzen und der Idee zurück, in Düsseldorf eines der ersten und größten Instagram-Museen Deutschlands zu eröffnen. Gedacht, getan: Seit 2019 residiert das Cali Dreams auf der Erkrather Straße – 1.500 Quadratmeter Museumsfläche, pinker Eingang, nicht zu übersehen. Und das Äußere lässt hier aufs Innere schließen: In diesem interaktiven Museum könnt ihr zu einer Selfie-Safari durch zwei Dutzend leuchtend poppiger Fotolocations aufbrechen. Vom American Diner bis zur lampionbeleuchteten Chinatown-Kulisse, vom Bällebad mit Quietscheentchen bis zum 50er-Jahre-Interieur mit Kunstschnee und Christmas tree – gelebt wird im Cali Dreams der American Way of Life, und zwar meist bubblegumfarben und mit einem Augenzwinkern. Doch die individuell gestalteten Kulissen (auch Düsseldorfer Künstler haben Hand angelegt) lassen viel Spielraum für Selbstinszenierung. Und um die geht es hier: Ihr bucht online euren Time-Slot von 120 Minuten, packt das Handy ein, und bitte Outfits zum Wechseln nicht vergessen! Es posiert sich schließlich am besten, wenn ihr euch von dem jeweiligen Hintergrund auch farblich gut abhebt. Umkleidekabinen stehen bereit, ebenso Schminktische. In vielen Räumen gibt es Ringlichter, die ihr nach Belieben einsetzen könnt. Klischee, aber Highlight: sich für seinen Insta-Feed auf dem Pink Cadillac rekeln. Knalliger Hedonismus, buchbar auch für Events.