Sechs Architekturprojekte, die Düsseldorf verändern werden

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Sechs Architekturprojekte, die Düsseldorf verändern werden

Zwischen Holzhybrid, Luxus-Boulevard und Pfahlbau

Die Düsseldorfer Architektur ist schon heute reich an Superlativen. Der MedienHafen beherbergt mit dem Neuen Zollhof von Frank O. Gehry einen ikonischen Dreiklang und hat mit Renzo Pianos Float vor drei Jahren ein weiteres Signature-Gebäude erhalten. Auch der Kö-Bogen I, entworfen durch den New Yorker Star-Architekten Daniel Libeskind, und der benachbarte Kö-Bogen II aus der Feder von Ingenhoven Architects, der mit der größten Grünfassade Europas auftrumpft, verdeutlichen: Düsseldorf hat zu Recht den Ruf, in Sachen Architektur und Quartiersgestaltung das Ungewöhnliche zu wagen und auch mal Träume in den Himmel wachsen zu lassen. Wir haben schon einmal einen Blick in die Zukunft geworfen und können spektakuläre Aussichten verkünden – neben ästhetischen und nachhaltigen Ansprüchen. Im Nachfolgenden sechs bemerkenswerte Bauvorhaben. 

Tadao Ando Campus & Tower

Nicht weniger als ein neues Wahrzeichen von Düsseldorf soll er werden, der Tadao Ando Campus & Tower am Mörsenbroicher Ei. Wie das Stadttor im Düsseldorfer Süden soll er hier, am vielbefahrenen nördlichen Stadteingang, die Ankömmlinge begrüßen – und einen Ruhepol bilden.  Infrastruktur, die die Lebensqualität erhöht – genau das schwebt dem japanischen Star-Architekten und Pritzker-Preisträger vor. „Mein Bau für Düsseldorf soll die Natur nicht spiegeln“, sagt Tadao Ando. Vielmehr solle er zeigen, dass der Mensch in der Stadt mit der Natur leben kann. „Meine Architektur soll beruhigen.“ Als Herzstück des dreiteiligen Ensembles, einer Kombination aus Beton-, Holz- und Holzhybrid-Struktur, die als CO₂-neutrales Passivhochhaus geplant ist und über KI gesteuert werden soll, hat der Meister des Minimalismus einen 105 Meter hohen Turm vorgesehen. In luftigen Höhen ragt ein Glasprisma aus dem Gebäude heraus – ein spektakulärer Ort für Events, Kunst- und Kulturveranstaltungen. Und das zeichnet das Nutzungskonzept generell aus: Die Öffentlichkeit ist einbezogen. Vorgesehen ist ein Mix aus Büroflächen, Hotel, Einzelhandel, Art Spaces, Gastronomie (in den beiden obersten Etagen des Towers mit entsprechendem Ausblick!) und mehr. Hinzu kommen begehbare begrünte Dachflächen und eine vertikale Begrünung, gestaltet durch den Schweizer Landschaftsarchitekten Enzo Enea. An die 300 Bäume sollen das Stadtklima nachhaltig verbessern. Bis es so weit ist, gibt es ein tolles Zwischennutzungskonzept, die „Ando Future Studios“, unter anderem mit Start-up-Förderung, Künstlerateliers und Raum für Ausstellungen.

The Cradle

Architektur der Zukunft – sie ragt nicht nur durch ihre Ästhetik aus dem Gros des Herkömmlichen heraus. Sie glänzt auch mit ihrem positiven Beitrag zu Klima und Mikroklima. Mit The Cradle im Düsseldorfer MedienHafen aus der Feder der HPP Architekten entsteht das erste Holzhybrid-Bürogebäude Düsseldorfs, das – nomen est omen – dem Cradle-to-Cradle-Prinzip verpflichtet ist. „Architektur muss eben mehr leisten als nur schön auszusehen“, sagt Gerhard G. Feldmeyer, langjähriger Geschäftsführer der HPP Architekten, „wir müssen altbekannte Dinge ein Stück weit über Bord werfen und uns klar werden, wie wir Mehrwerte schaffen können für Mensch und Umwelt.“ Tatsächlich wird derzeit an der Speditionsstraße ein kreislauffähiges Gebäude errichtet, dessen einzelne Bauelemente wiederverwertet oder recycelt werden können, sollte The Cradle in ferner Zukunft einmal in größerem Umfang saniert oder abgerissen werden müssen. Das schont Ressourcen und bedeutet auch den konsequenten Verzicht auf schädliche Stoffe. Der Werkstoff Holz bindet zudem CO₂ und optimiert das Klima. Begrünte Wände und ein nachhaltiges Energiemanagement tun ihr Übriges – kein Wunder, dass The Cradle unter anderem bereits mit dem renommierten MIPIM/The Architectural Review Future Project Award ausgezeichnet wurde. Innovativ ist aber nicht nur das Nachhaltigkeitskonzept, sondern auch die rautenförmige Fassadenstruktur. Die Fertigstellung ist für die kommenden Monate anvisiert, Richtfest wurde bereits gefeiert. Wenn ihr künftig die Architekturikonen des MedienHafens besichtigt, seien es die Gehry-Bauten oder Renzo Pianos FLOAT, plant doch mal einen Abstecher zu The Cradle ein.

Pier One

Wir bleiben an dem spannenden Ort, der sich in den zurückliegenden Jahrzehnten gewandelt hat wie kein zweiter in Düsseldorf: dem MedienHafen. Wo bis in die 1990er-Jahre hinein noch brachliegendes Industriehafengelände war, sind heute nicht nur über 700 Unternehmen angesiedelt. Visionäre Architekturprojekte setzen international Maßstäbe – für Freund*innen moderner Baukunst ist ein ausgiebiger Hafenspaziergang daher Pflicht. Die Namen Frank O. Gehry und Renzo Piano sind bereits gefallen, doch natürlich lohnt auch das Colorium von William Alsop mit seinen über 2200 farbig bedruckten Glaspaneelen. Nicht zu vergessen: das Stadttor aus der Feder von Karl-Heinz Petzinka zwischen MedienHafen und Regierungsviertel. Oder die The Living Bridge, eine Struktur aus Fußgängerbrücke und Restaurantgebäude – und mit dem Stichwort sind wir auch schon beim Thema. Denn der MedienHafen wächst nicht nur weiter, sondern auch weiter zusammen. Architekt Christoph Ingenhoven, mit seinem Düsseldorfer Büro selbst Hafenanrainer und auf dem Gelände der ehemaligen Weizenmühle Plange Mühle beheimatet (das er selbst mit neugestaltet hat), möchte Brücken schlagen und die Landzungen auf diese Weise direkt mit dem Hafen verbinden. Ein Hafenrundlauf – der Traum soll wahrwerden! Doch nicht nur mithilfe neuer Brücken: Teil des Plans ist das Pier One, ein Neubau auf 180 Pfählen über dem Wasser an der Spitze der Halbinsel Kesselstraße, der die Leichtigkeit typischer Pierbauten transportiert. Großzügige Terrassen werden als Teil des Wegesystems fungieren und von Fußgänger*innen und Radfahrer*innen passiert werden können.

JEP1

2023 steht ein Jubiläum ins Haus: Der Kö-Bogen I feiert sein zehnjähriges Bestehen! Und wenn wir auf städtebauliche Glanztaten in Düsseldorf zu sprechen kommen, dann sicher auf dieses geniale wellenförmige Gebäudeensemble aus Glas und weißem Naturstein, das der New Yorker Star-Architekt Daniel Libeskind für den einstigen Verkehrsknotenpunkt am oberen Ende von Düsseldorfs Königsallee entworfen hat. Dessen kongeniales Ergänzungsstück, der Kö-Bogen II, wurde 2020 fertiggestellt. Und wie im MedienHafen war auch bei der Neugestaltung des Areals rund um den Gustaf-Gründgens-Platz Christoph Ingenhoven federführend. Insgesamt 30.000 Hainbuchen in 3500 Trögen bilden hier heute Europas größte Grünfassade – und das in direkter Nachbarschaft zu den beiden Architekturikonen Schauspiel- und Dreischeibenhaus. Auf das Konto von Ingenhoven Architects geht auch die spitz zulaufende Markthalle mit begehbarer Rasenfläche vis-à-vis, die seit ihrer Eröffnung 2021 zu einem Lieblingsaussichtspunkt avanciert ist, von Tourist*innen und Locals gleichermaßen. Das Bestechende ist auch die Lage, die das Urbane mit seinen vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten und einem tollen Gastroangebot mit der Natur verbindet. Sei es in Gestalt des angrenzenden Hofgartens und seines verlängerten Gewässers Landskrone oder durch die insgesamt acht Kilometer lange Hainbuchenhecke des Kö-Bogen II, die CO₂ bindet, Feuchtigkeit speichert, Lärm dämpft und der Biodiversität dient. Alles perfekt also? (Noch) nicht ganz: Es stört noch eine Baustelle. Doch bald wird auch die verschwunden sein: Das JEP1 (kurz für Joachim-Erwin-Platz 1), ein weiteres Ingenhoven-Gebäude, dessen runde Formen und hochtransparente Glasfassade sich in die Umgebung einfügen, steht kurz vor der Vollendung. Es wird unter anderem ein Hotel beherbergen, die grüne Dachterrasse samt Panoramablick wird öffentlich zugänglich sein. Ganz sicher ein neuer Hotspot!

Le Coeur

Vom Kö-Bogen auf die Kö, und zwar mitten hinein in ihr Herz: Le Coeur, so der treffende Name eines Projekts, das im Winter 2022/23 insbesondere durch die Lichtinstallation in Herzform nebst leuchtendem Schriftzug auf sich aufmerksam machte. Sie erstreckte sich über drei Etagen des bis auf die Grundmauern abgerissenen und entkernten ehemaligen Commerzbank-Gebäudes Ecke Königsallee und Benrather Straße und wurde regelrecht zum Social-Media-Star. Auch der eindrucksvolle tonnenschwere Tresor am Boden zeugte zuletzt noch von der Geschichte des Ortes. Tatsächlich beherbergte er nicht nur über tausend Schließfächer, sondern war auch Kunstwerk – eine Arbeit des Bildhauers Karl Schlamminger, und auch diese heizte den Fototourismus ordentlich an. Ein Großteil der Substanz aus den 80er-Jahren bleibt erhalten. Nahezu sämtliche Natursteinplatten der bisherigen Fassade mit ihrer 70 Meter langen Front zur Königsallee werden wiederverwendet, so sieht es der gemeinsame Entwurf des Düsseldorfer Büros RKW Architektur + und von Pickard Chilton aus den USA vor. Und das passt hervorragend zum Vorhaben der Stadt Düsseldorf, bis 2035 klimaneutral zu werden. In den oberen Etagen werden auf rund 40.000 Quadratmetern Büros entstehen, ins Erdgeschoss sollen Gastronomie und Einzelhandel einziehen. Herzstück von Le Coeur wird ein großzügiger begrünter Innenhof, der allen Bürgern offensteht – eine weitere grüne Oase, wie Stadtbewohner*innen sie lieben!

Calatrava-Boulevard

Ein weiteres Kö-Projekt, das der traditionsreichen Prachtmeile zu noch mehr Glanz verhelfen soll: Das Calatrava-Boulevard, benannt nach seinem Architekten Santiago Calatrava, sorgt bereits gut fünf Jahre vor der anvisierten Fertigstellung für Schlagzeilen. Nicht nur weil der Name Calatrava für internationale Großprojekte steht, wie den Dubai Creek Tower oder die Schrägseilbrücke Puente del Alamillo in Sevilla, sondern auch angesichts der über eine Milliarde Euro, die die Düsseldorfer Centrum-Gruppe hier als Projektentwickler investieren möchte. Geplant ist ein Luxus-Quartier an der Königsallee. Bestehende Gebäude werden dazu teils abgerissen, teils bleiben ihre Fassaden erhalten. Auf diese Weise soll auch bei diesem gewaltigen Neu- und Umbauprojekt ein zeitgemäßes Miteinander von Alt und Neu entstehen. Und „Neu“ ist in diesem Fall dank Calatrava ganz klar ein Synonym für funktional einerseits und organisch-futuristisch andererseits. Buchstäblich im Zentrum des Projekts steht ein Boulevard mit gewellten Innenfassaden und viel Grün, dessen Dach bei entsprechender Wetterlage geöffnet werden kann. Auf 15.000 Quadratmeter sollen hier Flagships von Luxusmarken und ausgewählte Gastronomie einziehen. Es wird begehbare Dachterrassen geben, außerdem Solarpanels für grüne Energie. Übrigens: Auch die beiden Kö-Stores von Moncler und Fendi, die im vergangenen Jahr eröffnet haben, sind Teil des Calatrava-Boulevards.

Die Beitrag ist gefördert durch REACT-EU.

Titelbild: Düsseldorf Tourismus

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