„Das perfekte Format für die perfekte Stadt“

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„Das perfekte Format für die perfekte Stadt“

Interview mit Lisa Maria Kunst

Ein viermonatiger Aufenthalt in New York inspirierte Lisa Maria Kunst zu einem Engagement, das sie und ihren Mann Rainer Kunst in den vergangenen acht Jahren zu zentralen Figuren der Düsseldorfer Kreativszene werden ließ. Sie stieß damals im Internet auf das Format „Creative Mornings“, ein inzwischen weltweites Event, bei dem sich monatlich Kreative der unterschiedlichsten Disziplinen in ihrer jeweiligen Heimatstadt zum Austausch treffen. Anlass der Treffen sind etwa halbstündige Vorträge von Angehörigen der Szene, die ihre Expertise mit Interessierten und Gleichgesinnten teilen. Lisa Maria Kunst und ihr Mann Rainer, die in New York in dem Block lebten, in dem auch das Headquarter der Gründungsinitiative beheimatet war, waren sofort begeistert und beschlossen, das Format in ihrer Heimatstadt Düsseldorf zu etablieren. Das Besondere an der Veranstaltungsreihe: Die Treffen finden jeweils an einem Freitag des Monats um 8.30 Uhr statt, jedoch immer an unterschiedlichen Orten. Das erste Event richtete das Paar im Februar 2015 unter der gläsernen Kuppel des K21 aus. Acht Jahre später ist „Creative Mornings“ ein Fixpunkt in der lokalen Kreativszene. Lisa Maria Kunst spricht im Interview über die Voraussetzungen, die Düsseldorf zum perfekten Hub für die kreative Morgenveranstaltung werden ließen.

Du organisierst und moderierst gemeinsam mit deinem Mann seit acht Jahren die „Creative Mornings“ in Düsseldorf. Was verbindet dich beruflich mit der Kreativszene?

Das Interesse für Kunst und Kultur war bei mir schon von zu Hause aus da, da bin ich früh geprägt worden. Nach einer Ausbildung zur Werbekauffrau bei DDB habe ich Kommunikations- und Multimediamanagement an der FH Düsseldorf studiert und danach immer in der Kommunikation und Werbung gearbeitet. Heute arbeite ich gemeinsam mit meinem Mann in der Agentur Studio Kunst.

Wie gehst du an die Aufgabe heran, monatlich neue Kreative für die Vorträge zu gewinnen?

Aus der „Creative Mornings“-Community, die sich inzwischen über 223 Städte verteilt, kommen Vorschläge zu Monatsthemen. Das ist die erste Inspiration und Vorgabe. Da diese Themen aber oft sehr allgemein gehalten sind, lassen sie sich auf unterschiedliche Art und Weise interpretieren. Manchmal bekomme ich Empfehlungen, manchmal ergibt sich ein Vortragsthema sogar auch aus der Location. Denn wir haben den Ehrgeiz, wirklich jeden Monat einen neuen Ort zu bespielen. Das ist keine Auflage aus dem Headquarter, das haben wir uns vielmehr selbst auferlegt.   

Wie lauten diese Themen beispielsweise?

Das können abstrakte, allgemeine Themen wie Liebe, Leben oder Tod sein, wir hatten aber auch schon solche wie „Der glückliche Zufall“ oder „Der Reichtum“. Um dir zu veranschaulichen, welche Interpretationsspielräume sich auftun, möchte ich dir ein weiteres Beispiel nennen: Eines unserer ersten Themen hieß „Ink“, also „Tinte“. Wir hatten dazu damals den Autor und Illustrator Martin Baltscheit zu Gast. In Los Angeles hat zu dem gleichen Thema ein Koch live Tintenfisch gekocht, in anderen Städten wurden Kalligraphen, Typographen oder Tätowierer eingeladen.   

Wie hat sich dein Blick auf Düsseldorf verändert, seit du so eng mit der Kreativszene arbeitest?

Er hat sich deutlich verändert. Ich habe einerseits viele spannende Leute und ihre Projekte kennengelernt, aber auch Orte, die normalerweise nicht zugänglich sind. Darunter Off-Spaces, die es heute gar nicht mehr gibt: das Ergo Ipsum oder PostPost beispielsweise. Einige Orte verschwinden, neue tauchen auf, in acht Jahren mit je zwölf Events sind wir schon sehr viel in der Stadt herumgekommen. Zum Glück bietet Düsseldorf in dieser Beziehung zahlreiche Möglichkeiten. Da ist jede Menge Bewegung drin.

Du bist in Düsseldorf aufgewachsen. Was macht die Stadt für dich besonders?

Ich habe schon in den verschiedensten Vierteln gewohnt: in Mitte, dem Zooviertel, in Flingern, Bilk und Volmerswerth, auch in Pempelfort und Unterbilk. Ich schätze an Düsseldorf, dass die Stadt eine überschaubare Größe, aber in den Bereichen, die mich interessieren, dennoch sehr viel zu bieten hat. Wenn es um Kunst und Kultur geht, kann Düsseldorf es mit jeder anderen deutschen Großstadt aufnehmen.

Welche Rolle spielt der Standort Düsseldorf für deine Arbeit?

Ich arbeite in verschiedenen Bereichen. Für meine Arbeit in der Kommunikation ist Düsseldorf ein wichtiger Standort. Nicht jede Stadt bietet ja die Möglichkeit einer Ausbildung in einer so großen Agentur wie DDB. Dort habe ich viel gelernt. Die Werbe- und Designszene ist sehr lebendig hier. Werbung war in Düsseldorf schon immer ein Wirtschaftsfaktor, viele großen Agenturen sind hier ansässig. Ein Glücksfall ist die Kunstakademie. Sie spült immer wieder junge Leute in die Stadt. Dazu kommt eine ganz starke Musikszene. Die Mischung ist schon sehr besonders. 

Es gibt die Agentur Studio Kunst und dann betreibt dein Mann Rainer Kunst noch gemeinsam mit Meike Denker die Galerie Kunst & Denker Contemporary. Gibt es da Synergien, fügt sich beides zu einem kreativen Kosmos?

Für mich persönlich ist die Galerie ein ganz wichtiger Teil. Ich habe durch die Nähe zu ihr sehr viel gelernt und mitbekommen, finde den Input bereichernd. Dennoch ist die Kunst ein eigenes Feld. Nicht, dass da Barrieren wären. Aber ich finde es gut, dass Kunst und Kreativwirtschaft nicht komplett verschmelzen. Der Austausch ist wichtig, aber man muss das mit sehr viel Fingerspitzengefühl tun. Dafür habe ich hoffentlich mit der Zeit das nötige Bewusstsein entwickelt.

Wo findest du Inspiration?

Ich gehe gern ins Museum und lerne Leute auf Veranstaltungen kennen. Mit den unterschiedlichsten Menschen zu sprechen und vor allem auch ihnen zuzuhören ist mir wichtig.

Gibt es einen Beitrag bei „Creative Mornings“, der dich besonders beeindruckt hat?

Etwas herauszugreifen ist nicht einfach. Aber da gerade Karneval vor der Tür steht, fällt mir der Beitrag von Jacques Tilly zum Thema „Tabu“ ein. Tilly entwickelt und baut die Karnevalswagen für den Düsseldorfer Rosenmontagszug. Dank ihm sind sie so politisch wie in keiner anderen Stadt. Wie er damit Stellung bezieht und dass er sich dabei nicht hereinreden lässt, finde ich bemerkenswert. Er ist ein ganz wichtiger Teil des Düsseldorfer Karnevals. Ich bewundere, wie er politische Aussagen durch Vereinfachung auf den Punkt bringt, so dass jeder noch so vernebelte Kopf die Botschaft versteht. Dass er für seine Stellungnahme angefeindet wird, nimmt er in Kauf.

Was würdest du vermissen, wenn du aus Düsseldorf fortgehen müsstest? 

Ach, einfach alles! Meine Leute, Brot, Sushi, den Rhein und die Nähe zu anderen Städten. Man vergisst manchmal zu erwähnen, dass auch die Umgebung so wahnsinnig viel Gutes zu bieten hat.

Wohin gehst du, wenn du essen gehst?

Wir gehen einmal pro Woche ins Menta auf der Lorettostraße, die Kinder lieben die Pizza dort. Ich bin aber auch großer Fan des Olio und des Hülsmann. Nicht zu vergessen: die herausragende Sushi-Qualität, die man in Little Tokyo bekommt.  

Gibt es ein Lokal, das du jüngst für dich entdeckt hast?

Ja, erst gestern hat ein neues Restaurant eröffnet: das NineOfive auf der Moltkestraße. Die Pizza mit der dicken Kruste war köstlich – und sie haben eine sehr gute Weinkarte. 

Wohin gehst du, wenn du abschalten willst?

Dann gehe ich gerne joggen. Am liebsten laufe ich direkt aus der Tür hinaus zum Rhein. Und dann wahlweise rechts oder links hinunter.

Reportage von Ilona Marx und Sebastian Wolf (Fotos).

Dieser Beitrag ist gefördert durch REACT-EU.

Bilder: Düsseldorf Tourismus

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