Von Katzen, Marie Antoinette und Tiger-Löwen: Das Hetjens Keramikmuseum

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Von Katzen, Marie Antoinette und Tiger-Löwen: Das Hetjens Keramikmuseum

Diese sechs außergewöhnlichen Werke könnt ihr im Keramikmuseum Hetjens bestaunen – und natürlich noch viel mehr. 

Das Hetjens-Museum bietet einen Überblick aus 8000 Jahren Keramikkunst . Von Amphoren über klassisches Porzellan bis hin zu moderner Kunst gibt es hier alles rund um Keramik zu sehen. Untergebracht im Palais Nesselrode ist das Hetjens das Kleinod unter den Düsseldorfer Museen. Hier könnt ihr eine Sammlung von Weltruf bewundern. Viele der Keramiken erzählen ganz besondere Geschichten. Wir haben euch sechs Ausstellungsstücke herausgesucht, die Lust auf einen Besuch des Museums machen und in die faszinierende Welt des Porzellans einführen. 

Kakiemon: Von Japan nach Sachsen 

Auch wenn es in Deutschland viele bekannte Manufakturen gibt, ist das Meissener Porzellan das beliebteste – so wie diese Suppenterrine aus dem Nachlass von August dem Starken (1670 – 1733). Ob der schillernde Absolutist wirklich seine Suppe aus dieser Terrine geschlürft hat, ist eigentlich unerheblich. Die Hauptsache ist, dass dieses Stück im Hetjens eine sehr frühe europäische Porzellanarbeit ist. Die Bemalungen sind dabei fast eins zu eins von japanischen Vorbildern aus der Sammlung von August dem Starken abgemalt worden. Denn als die Meissener Manufaktur 1710 eröffnet wurde, gab es noch keine eigenständige europäische Dekor-Bemalung. Also bediente man sich bei den fernöstlichen Vorbildern. So kam es auch, dass dieses japanische Kakiemon-Dekor als „Gelber Löwe“ bezeichnet wird, obwohl hier ein Tiger dargestellt ist. Denn weder die japanischen noch die sächsischen Maler hatten einen Tiger oder Löwen persönlich gesehen!

„Handkußgruppe“ mit besonderer Mops-Geschichte

Ein weiteres Glanzstück aus dem Hause Meissen im Hetjens ist diese „Handkußgruppe“. Im Vordergrund sitzt eine Dame mit voluminösem Fischbeinrock und einem Mops auf dem Schoß, während sie einem Kavalier die Hand zum Kuss reicht, ihren Blick aber dem hinter ihr stehenden Pagen zuwendet. Gestaltet wurde das Stück vom Meissener Modelleuer Johann Joachim Kändler um 1740. Aus dieser Zeit stammt auch das Düsseldorfer Exemplar. Verkauft wurde die „Handkußgruppe“ allerdings in Frankreich, davon zeugt der vergoldete Bronzesockel. Während in Deutschland das Porzellan vor allem als Tafelschmuck benützt wurde, sah man es in Frankreich als vollwertigen Teil der Einrichtung an. Ein Wort noch zum Mops: Möpse waren in den 1740er Jahren in Sachsen sehr beliebt, es gab sogar geheime Mopsorden, die sich an den im Katholizismus verbotenen Freimauererlogen orientierten. Als Aufnahmeritus für diese Geheimbünde mussten die Anwärter*innen den Po eines Mopses küssen, was bei einem Porzellan-Exemplar natürlich deutlicher leichter gefallen ist.  

Fast einmalige Rokoko-Vase

Was die Meissener Manufaktur in Deutschland ist, ist die altehrwürdige „Manufacture royale de porcelaine de Sèvres“ – kurz Sévres – in Frankreich. Die Dame auf dieser reich bemalten Vase mit der für den Rokoko typischen hohen Stirn ist keine geringere als die jugendliche Königin Marie Antoinette. Entstanden ist dieses Stück zu Beginn ihrer Regentinnenschaft zwischen 1770 und 1774 und war als diplomatisches Geschenk gedacht – als Paar mit Marie Antoinettes Gemahl Ludwig XVI. Weltweit sind nur sechs dieser Vasen-Paare erhalten, davon steht eins im Hetjens-Museum. Einerseits sollten diese Vasen von der Schönheit der jungen Königin zeugen, andererseits den Reichtum ihres Mannes darstellen. Insgesamt drei Maler waren an diesen „Vasen mit Öhrchen“ beteiligt, einer für das Porträt, einer für die Blumen und einer für die Goldmalerei. Glück brachte der Glanz dieser Rokoko-Vasen der Tochter der österreichischen Kaiserin Maria Theresia nicht: Sie wurde in den Wirren der französischen Revolution 1793, einige Monate nach ihrem Mann, mit der Guillotine hingerichtet. 

Grinsende Katze

Lange bevor Katzen-Videos und Fotos viral gingen, erschuf der Jugendstil-Künstler Émile Gallé diese grinsende Katzenfigur mit aufgestellten Ohren und strahlend grünen Glasaugen. Die verlaufene Glasur der Figur war damals eine Neuerung und vor allem ein Abwenden von naturalistisch bemalten Tierfiguren, hier wurde das Fell nur noch angedeutet. Dabei waren diese Katzenfiguren, nicht unähnlich dem heutigen Katzen-Hype, im ausgehenden 19. Jahrhundert nicht als schnöde Vitrinen-Ware gedacht, sondern wurden von ihren Besitzer*innen oft zur scherzhaften Dekoration auf dem Fußboden zeitgenössischer Salons benutzt. In Japan, dem Ursprungsland der keramischen Katzen-Darstellung, dienten sie adligen Damen als Nackenstütze beim Schlaf, damit ihre kunstvoll hochgesteckten Frisuren nicht platt gedrückt wurden. 

Das Fabeltier „Gute Zeiten“

Gut einen Meter hoch ist das Fabeltier „Gute Zeiten“ aus der „Aeltesten Volkstedter Porzellanfabrik“ aus dem Jahr 1921. Im Hetjens hört der Drache mit der punktuellen Bemalung ganz im Sinne des Expressionismus allerdings auf den Namen Freddy. Mit seinem Gegenpart „Schlechte Zeiten“ und sechs weiteren Figuren aus der Reihe der Modelleure Arthur Storch und Hugo Meisel besitz das Hetjens-Museum die Hälfte dieser einzigartigen Fabelwesen und somit die weltweit größte Sammlung der außergewöhnlichen Tiere. Anlass der Herstellung war die Ausgestaltung des Leipziger Messehauses „Porzellan-Palais“, für das Storch und Meisel rund 20 Modelle an phantasievollen Großplastiken schufen, wie sie bisher nur aus der Meißner Kändler-Zeit bekannt waren. „Gute Zeiten“ (Spott) und „Schlechte Zeiten“ (Untergang) standen am Eingang zum ersten Stockwerk. „Schlechte Zeiten“ sitzt auf einem mit Ornamenten verzierten Sockel, die Hinterbeine übereinander geschlagen, den Oberkörper hoch aufgerichtet, sich mit dem Schwanz selbst erwürgend, der Kopf ist nach rechts oben gerichtet, Brust und Unterkörper sind behaart.

Japanische Vasen für Europa

Auch wenn diese Vase auf den ersten Blick nach einer klassisch japanischen Arbeit aussieht, wurde sie vor allem für die westliche Kundschaft hergestellt. Die elfenbeinfarbenen Satsuma-Keramiken mit ihren prächtigen Malereien erregten auf den Weltausstellungen in Wien (1873) und Philadelphia (1876) großes Aufsehen. In der Meji-Zeit Ende des 19. Jahrhunderts öffnete sich das lange für westlichen Handel und Besuche verschlossene Japan. So kam Europa zum ersten Mal mit erschwinglichem japanischen Porzellan in Berührung. Diese reich verzierte Vase aus Sastuma-Keramik wurde durch die Anpassung ihres vergoldeten polychromatischen Emaille-Aufglasurdesigns an den westlichen Geschmack angepasst. So wurden Vasen wie diese zu einem der bekanntesten und profitabelsten Exportprodukte der Meiji-Zeit. Und auch heute sind sie immer noch sehr sehenswerte Ausstellungsstücke!

Dieser Beitrag ist gefördert durch REACT-EU.

Bilder: Hetjens – Deutsches Keramikmuseum

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