Zu Besuch in Gerresheim: Ein Nachmittag mit historischen Highlights

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Zu Besuch in Gerresheim: Ein Nachmittag mit historischen Highlights

Geschichts- und Italien-Fans, aufgepasst!

Zwar geografisch, doch keinesfalls gesellschaftlich abseits liegend, gehört Gerresheim erst „seit Kurzem“ zu Düsseldorf. Im 20. Jahrhundert, konkret im Jahr 1909, wurde der Ort im Osten eingemeindet. Ein Glücksfall für die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt, beeindruckt Gerresheim doch allein wegen seiner Architektur und Geschichte, die bis ins Jahr 1000 zurückreicht. Damals sorgte der fränkische Adelige Gerricus – also der Namensvetter des historischen Ortskerns – mit der Gründung eines Frauenstifts dafür, dass Frauen, Männer und Kinder hierherzogen. Doch schon in der Jungsteinzeit sollen sich Menschen vor Ort angesiedelt haben! Ihr merkt: Historisch betrachtet ist Gerresheim eines der spannendsten Viertel Düsseldorfs – zumal sich noch viel mehr entdecken als in diesem einem Text zusammenfassen lässt.

Schon auf dem Weg ins Viertel im siebten Stadtbezirk kommt ihr an einem historischen Punkt vorbei: Der Hexenstein auf der Fläche zwischen Dreher- und Schönaustraße erinnert seit 1989 daran, dass nach dem letzten Hexenprozess am Niederrhein zwei Frauen auf dem Scheiterhaufen ihr Leben lassen mussten. Die Gerresheimer Künstlerin Gabriele Tefke schuf zum Andenken an Helena Curtens, damals erst 14 Jahre alt, und Agnes Olmanns, die mit 46 starb, eben dieses Denkmal.

Wer das Viertel entdecken möchte, startet am besten wenige Hundert Meter weiter auf dem Platz an der Dreherstraße/Wallgraben. Denn hier weist euch praktischerweise eine Infotafel den Weg zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Gerresheims. Falls ihr noch etwas besorgen müsst: Vor Ort gibt’s unter anderem zwei Bäckereien, einen Blumenladen, einen Kiosk und – fürs Ende der Tour – ein Restaurant. Schon von eurem aktuellen Standort erspäht ihr die Kirchturmspitze der katholischen Basilika St. Margareta. Lauft ihr dieser über die Straße Neußer Tor entgegen, kommt ihr rechts am Bürgerbüro Gerresheims vorbei. Bei dem Gebäude handelt es sich um das ehemalige Katharinenbergkloster, das bis 1834 existierte und Franziskanerinnen als Unterkunft und Arbeitsstätte diente. Das alte Bürgermeisterhaus stammt wiederum gar von 1646. Um das Alter in einen Kontext zu setzen: Damals lebten gerade einmal 500 bis 600 Millionen Menschen auf der Welt. Heute kaum vorstellbar, oder!?

Der Gerricusplatz lässt sich unbedingt als Vorzeige- oder Paradeplatz des Viertels bezeichnen. Im verkehrsruhigen Ortskern erlebt ihr ein Düsseldorf, das so gar nicht zum Rest der Stadt passen will – und das im positiven Sinne. Ihr findet hier nämlich eine Hofschaft vor, die nicht nur als Schauplatz für den Weihnachtsmarkt dient, sondern mit ihren Backstein- und (gern auch krummen und schiefen) Fachwerkhäusern tatsächlich wirklich in eine irgendwie längst vergangene Zeit einlädt. Hier wirkt alles entspannter, ruhiger, aufs Wesentliche konzentriert. Als bliebe der Alltag wie eine Jacke an der Garderobe einfach vor Gerresheim hängen, damit im Viertel selbst nur Gelassenheit herrscht. Einen Einfluss darauf übt sicher das 1236 fertiggestellte Gotteshauses, die erwähnte Basilika St. Margareta, mit ihrem romanischen Stiftsgebäude aus. In der Basilika solltet ihr unbedingt das ottonische Kruzifix am Hochaltar anschauen, das mehr als 1000 Jahr alt ist und zu den ältesten erhaltenen Hochkreuzen Europas zählt. Kleiner Fakt fürs unnötige Wissen nebenbei: Die inzwischen auch sehr medienpräsente FDP-Spitzenpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann war früher Vorsitzende des Pfarrgemeinderates von St. Margareta.

Die Kirche hinter euch lassend, laden zahlreiche Bänke unter noch mehr Linden in Frühjahr, Sommer und Herbst zum Plausch mit den Nachbar*innen ein. Vielleicht dreht sich das Gespräch sogar um den 1973 errichteten Heimatbrunnen, ein Geschenk der Stadt zum 1100-jährigen Bestehen Gerresheims? Er zeigt in 15 Darstellungen – einladend insbesondere für Fans historischer Ereignisse – die Geschichte des Stadtteils. Mit wenigen Metern Abstand findet sich am Platz auch die als „Quadenhof“ bekannte Wasserburg. Heute in Privatbesitz befindlich, diente das zwischen 1423 und 1437 errichtete Gebäude nicht nur dem Schutz beziehungsweise der Verteidigung Gerresheims im Mittelalter. Auch die Mitglieder der Düsseldorfer Malerschule stellten hier einst ihre Staffeleien auf, um die Burg auf Papier oder Leinwand zu bringen. 

Als ebenso beliebtes Motiv dienen – neben dem sehr schönen Alten Markt gleich ums Eck, auf dem Boule-Mannschaften um die Wette eifern – etliche Jugendstilhäuser. Sie laden dazu ein, den Wunsch vom eigenen Haus endlich in die Realität umzusetzen. Oder bis zum Lottogewinn davon zu träumen, wie sich sämtliche Zimmer von Flur bis Fitnessraum einrichten ließen. Seht euch, wohl wissend, dass es sich um Privateigentum handelt, die Traumhäuser in der Dreifaltigkeits-, Otto- und Hardenbergstraße an. Als herausragend gilt die „Villa Poggfred“ in der Heyestraße 92. Auch das an eine mittelalterliche Burg erinnernde Haus des einstigen Werkarztes der Gerresheimer Glashütte – dazu gleich mehr – dürfte Architektur-Fans begeistern. An Ort und Stelle kommt ihr zudem an der 1878 fertiggestellten evangelischen Gustav-Adolf-Kirche vorbei.

So, erstmal genug herumgelaufen! Und damit zum essentiellen Teil eines jeden Ausflugs: dem Essen! Als weiterer Glücksfall gilt nämlich, dass sich viele Italiener*innen in Gerresheim heimisch fühlen, und sich so ein italienisches Restaurant an das nächste reiht. Von einfachen, aber höchst delikaten Gerichten bis hin zur vielfach dekorierten Küche findet ihr in Gerresheim eine gigantische Auswahl vor. Angefangen mit dem „Saltimbocca“ unweit des Guerricusplatzes (Kölner Tor 40) und der „Barberia Italiana“ (Heyestraße 1) sitzen viele Lokale am unteren Ende der Heyestraße, also rund zwei Kilometer vom Guerricusplatz entfernt. Tatsächliche führen hier so viele Nachfahren früherer Gastarbeiter*innen Bars, Eisdielen, Pizzerien und Geschäfte, dass die Gegend in Süd-Gerresheim auch „Klein-Italien“ heißt. Kehrt zum Beispiel ein in der „Trattoria Bistro Terranova“ (Heyestraße 119) oder gönnt euch eine Quattro Stagioni in der „Pizzeria Malibu“ (Heyestraße 114) oder der „La Ruota“ (Bündingenstraße 1). Eine Institution in Gerresheim ist die sehr traditionelle Tratoria „Mama Lisi“ (Nachtigallstraße 3). Für zu Hause deckt ihr euch beispielsweise in den Delikatessengeschäften „Sapori del Sud“ (Benderstraße 45) oder bei „Il Punto Dolce“ (Heyestraße 127) mit Parmesan, Pappardelle und allerhand anderen feinen Speisen ein. Die erwähnten Gastarbeiter*innen kamen einst übrigens nach Gerresheim, weil sie hier in der 1864 von Ferdinand Heye gegründeten Gerresheimer Glashütte arbeiteten. Der Name des Stadtteils, ihr ahnt es wahrscheinlich schon, geht auf die Fabrik zurück. Sie zählte nämlich Ende des 19. Jahrhundert als größte der Welt! 1200 Menschen arbeiten damals Tag und Nacht daran, Glas herzustellen. Ende 2005 sollte das Werk Geschichte sein. Auf der Fläche entsteht ein neues Wohngebiet, in dem ihr euch eines Tages bei aller Begeisterung für Gerresheim vielleicht nach einer Wohnung umseht!?

Dieser Beitrag ist gefördert durch REACT-EU.

Titelbild: Düsseldorf Tourismus

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