Piet Mondrian – Wegbereiter der Moderne

|

Die große Werkschau des Künstlers Piet Mondrian im K20 zeigt den Weg des Niederländers in die Moderne.

Der Maler Piet Mondrian (1872-1944) ist weltberühmt als Schöpfer von strengen geometrischen Kompositionen mit schwarzweißen Linien und Farbfeldern in Rot, Blau oder Gelb. Seine ikonischen Kompositionen wurden in Mode und Architektur wieder aufgegriffen und stehen heute für den Beginn der abstrakten Malerei. Die Ausstellung „Mondrian. Evolution“ im K21 zeigt noch bis zum 12. Februar 2023 die malerische Evolution des Niederländers vom Impressionismus hin zum Neoplastizismus. Denn der 1872 geborene Mondrian begann seine Malerkarriere nicht gleich mit schwarzen Balken und bunten Farbfeldern! Nein, es war ein langer, malerischer Weg, den ihr in der wunderbaren Ausstellung nachgehen könnt.

Die Anfänge

Ausstellungsansicht früher Mondrian Bilder. Foto: Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen/Achim Kukulies

Nachdem Mondrian mit Anfang 20 seine Ausbildung an der Kunstakademie abgeschlossen hatte widmete er sich ganz der Malerei. 1904 zog er sich in das Städtchen Uden zurück. In der ländlichen Atmosphäre malt Mondrian Bauernhöfe, ländliches Leben, Interieurs und Scheunentore noch unter dem Einfluss des Impressionismus. Flächenaufteilung, Bildstruktur und Linienführung lassen sich an diesen Motiven exemplarisch studieren. Schon zuvor hatte Mondrian, auf der Suche nach der idealen Bildaufteilung, die Landschaft als Objekt gewählt. Vor allem in der Mühle und dem Stand der Mühlenflügel findet er ein geeignetes Motiv, um die Bildfläche zu strukturieren und der Komposition eine Richtung zu geben. In den folgenden Jahren entstehen etliche Serien von Motiven des dörflichen Lebens. Die frühen Landschaften bleiben Mondrian zeitlebens wichtig. Als er 1941 nach New York auswandert, lässt er sich etliche Gemälde nachschicken und hängt sie im Nebenzimmer seines Ateliers auf. Sie bilden den Grundstock für sein gesamtes nachfolgendes Werk und markieren den Beginn der künstlerischen Evolution.

Bruch mit der akademischen Malerei

Piet Mondrian: Windmühle bei Sonnenschein, 1908, Öl/L, 114,8 x 87 cm, Kunstmuseum Den Haag

Im Jahre 1908 zieht der damals 36-jährige Mondrian einen Schlussstrich unter die stark akademisch geprägte Malerei. Unter dem Einfluss Vincent van Goghs und des Symbolisten Jan Toorops wendet er sich einer experimentierfreudigeren, bunteren und expressiven Kunst zu. Außerdem beginnt Mondrian sich mit den mystisch-religiösen Denkansätzen der Theosophie zu beschäftigen. So begibt er sich auf die Suche nach einer Bildsprache, die das tiefste Wesen alles Bestehenden, man könnte auch das Universelle sagen, zum Ausdruck bringt. Das Gemälde „Windmühle bei Sonnenschein“ von 1908 steht für diesen Wandel im Denken und in der Kunst Mondrians. Hier hüpfen die gelben Sonnenstahlen wie Lichtblitze über die Leinwand, die Struktur der für die Niederlande so typischen Windmühlen wird mit waagerechten Strichen nur noch angedeutet, genauso wie die Landschaft im Hintergrund oder die Spiegelungen im Wasser. Viel wichtiger als der Gegenstand ist hier nun die Art und Weise, wie er gemalt wird. 

Einfluss des Kubismus 

Piet Mondrian: Baum, 1912, Öl auf Leinwand, 74,9 x 111,8 cm, Utica, Munson-Williams-Proctor Arts Institute © bpk / Munson-Williams-Proctor Arts Institute / Art Resource, NY

Mit fast 40 Jahren beschließt Mondrian 1911, seine Heimat zu verlassen und in die Kunstmetropole Paris zu ziehen. Hier trifft er in den berühmten Künstlercafés wie dem „La Coupole“ und dem „Du Dôme“ viele Künstler*innen der Pariser Bohème. Besonders beeindruckt und nachhaltigen Einfluss auf seine künstlerische Arbeit hat der Kubismus von George Braque und Pablo Picasso. Besonders schön könnt ihr das im K21 anhand des Bildes „Baum“ aus dem Jahre 1912 sehen. Hier überwiegen Grau- und Blautöne. Während Mondrian der Natur und Landschaft als Sujet treu bleibt, sieht man hier klar den Einfluss des Kubismus – jedoch ohne die Farbigkeit seiner Idole. Der Hintergrund von „Baum“ zeigt nun die ersten geraden Linien für die Mondrian später so berühmt werden sollte.

Auf dem Weg zum Neo-Plastizismus

Piet Mondrian: Komposition Nr. 3 mit farbigen Flächen, 1917, Öl/L, 48 x 61 cm, Kunstmuseum Den Haag

Im Jahr 1914 kehrt Mondrian aus Paris in seine Heimat zurück und wird aufgrund des 1. Weltkrieges bis 1919 nicht mehr nach Frankreich zurückkommen. In den Niederlanden schließt er sich dort 1917 mit den Malern Bert van der Leck und Theo van Doesburg zu der Künstlergruppe „De Stijl“ zusammen. Seine neue Herangehensweise an die Malerei beschreibt er in seinem epochalen Aufsatz „Die neue Plastik und der Malerei“. So erörtert er darin die Entwicklung einer neuen und plastischen Malerei. Erreichen will er diese „durch eine Weiterführung des Kubismus“. Seine „Komposition Nr. 3 mit farbigen Flächen“ ist ein Paradebeispiel dieser neuen Malerei. Rechteckige und quadratische Flächen in Pastelltönen zeigen hier den Aufbruch zu einer ganz neuen Art der Kunst.  Immer weiter entfernt er sich von den Motiven und findet eine Sprache aus rechtwinkligen Linien, Flächen und Zeichen, die wie stenografische Kürzel der Realität wirken.

Der Neoplastizismus

Piet Mondrian: Komposition mit großer roter Fläche, Gelb, Schwarz, Grau und Blau, 1921, Öl auf Leinwand, 59,5 x 59,5 cm, Kunstmuseum Den Haag, Niederlande

Im Jahre 1921 ist Mondrian nun endlich beim von ihm selbst ausgerufenen Neoplastizismus angekommen, für den er so berühmt geworden ist. Umrandet von schwarzen Streifen, die Mondrian freihand und ohne Lineal malte, sind hier bunte Farbflächen zu sehen, wie in „Komposition mit großer roter Fläche, Gelb, Schwarz, Grau und Blau“. Die Reduktion und Konzentration auf das Essenzielle des Bildes führen, so Mondrian, zur Darstellung einer „reinen Realität“, der nur durch eine „Ausgewogenheit der dynamischen Bewegung von Form und Farbe Ausdruck verliehen werden kann“. Bleibenden Einfluss hatten diese Bilder Mondrians auf die Nachwelt. So brachte zum Beispiel Yves Saint Laurent 1965 eine Kollektion von sechs Cocktailkleidern heraus, die mit dem Mondrian-typischen Muster bedruckt waren. Die Konstruktionslinien betonten die Umrißform des Körpers während die gelben und roten Farbflächen dem Cocktailkleid eine bis dato ungeahnte Farbfreude verliehen. 

Das Düsseldorfer Exemplar

Piet Mondrian: New York City I, 1941, Öl und Papier auf Leinwand, 120 x 115,2 x 2,7 cm © Mondrian/Holtzman Trust, c/o Beeldrecht, Amsterdam, Holland, Kunstsammlung Nordrhein Westfalen, Düsseldorf, Foto: Walter Klein, Düsseldorf

Dem vom Krieg zerrüttetem Europa entkommt Mondrian 1940 und zieht nach New York. Hier entdeckt er neben der Jazzrichtung „Boogie-Woogie“ auch das Montage-Band als modernes Arbeitsmaterial für sich. Wie in „New York City I“, das 1980 von der Kunstsammlung NRW angekauft wurde und dort ausgestellt wurde. Im Rahmen der Recherche zur derzeitigen Mondrian-Ausstellung tauchten Modefotos aus Mondrians Atelier aus dem Jahr 1944 auf, auf denen das Bild um 180 Grad gedreht an einer Wand hing. Allerdings wird die Arbeit seit 1945 auf dem Kopf gehängt ausgestellt. An diesem Fakt wollten auch die Kurator*innen der Ausstellung „Mondrian. Evolution“ nichts ändern und beließen es falsch herum an der Wand. 

Dieser Beitrag ist gefördert durch REACT-EU.

Titelfoto: Mondrian. Evolution, Ausstellungsansicht: Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, Foto: Achim Kukulies; v.l.n.r: New York City I, 1941, Öl/Papier/L, 120 x 115,2 cm, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen; Der Wald bei Oele, 1908, Öl/L, 128 x 158 cm, Kunstmuseum Den Haag

Jetzt zum Newsletter anmelden und keine Neuigkeiten mehr verpassen