Christo & Jeanne-Claude im Kunstpalast

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Christo & Jeanne-Claude im Kunstpalast

Zwischen Paris, New York und Düsseldorf 

Die Kunstschaffenden Christo und Jeanne-Claude sind weltweit bekannt und gefeiert für die Verhüllung von monumentalen Gebäuden. Die Bilder des verhüllten Reichstages oder der quietsch orangen Stoffbahnen über den Iseosee sind euch sicher bekannt.  Mit diesen aufsehenerregenden Kunstwerken im öffentlichen Raum zog das Paar Abermillionen von Besucher*innen in ihren Bann.  Falls ihr es verpasst habt, euch den verpackten Pariser Triumphbogen anzusehen, könnt ihr das nun im Düsseldorfer Kunstpalast nachholen. Dort gibt es die erste Retrospektive über das Ehepaar zu sehen, die zeigt, wie vielschichtig das künstlerische Werk der beiden ist. Das Projekt ist die letzte Ausstellung, der Christo kurz vor seinem Tod im Mai 2020 noch zugestimmt hat. Seine Ehefrau Jeanne-Claude – beide kamen am 13. Juni 1935 zur Welt – war bereits 2009 verstorben. Was den Verpackungskünstler Christo nicht abhielt, noch einige große Projekte durchzuführen. Zur Vorbereitung auf den ausgedehnten Museumsbesuch haben wir für euch schon mal einige besonders beeindruckende und interessante Ausstellungsstücke herausgegriffen. 

Dabei lernten sich Christo und Jeanne-Claude kennen 

Jeder Anfang ist schwer, auch für den später so erfolgreichen Künstler Christo. Nach seiner Flucht  aus seiner bulgarischen Heimat ließ er sich in Paris nieder, wo er sich einerseits der Avantgardemalerei zuwendete. Davon zeugt seine stark an Jackson Pollocks Action Painting erinnernde „Abstrakte Komposition“. Dunkle Farbspritzer überziehen das ganze Gemälde, sind so dick aufgetragen, dass sie leicht erhaben über der Leinwand stehen. Andererseits verdiente er sich – noch unter seinem Geburtsnamen Christo Javacheff – mit klassischer Porträtmalerei das nötige Kleingeld, um dieser noch brotlosen Leidenschaft zu fröhnen. Das Bild „Comtesse Denise Viaris de Lesegno“ ist ein Beispiel dafür. Zusehen ist die schöne, junge Comtesse, gekleidet in ein unauffälliges schwarzes Kleid. Nur der mit Pinselstrichen angedeutete Hintergrund ist ein kleiner Hinweis auf Christos wahre Leidenschaft in der Malerei. Zwar empfand er die Anfertigung konventioneller Porträts für wohlhabende Kund*innen als Prostitution, aber die sicherlich wichtigste Begegnung machte er trotzdem während dieser Arbeit. Schließlich lernte er 1958 Jeanne-Claude kennen, als er ihre Mutter gegen Geld porträtierte. Dass Jeanne-Claude zu diesem Zeitpunkt bereits verlobt war, scherte das unkonventionelle und schwer verliebte Paar aber nicht mehr. 

Ein Käfer in Düsseldorf 

Ein Ausstellungsstück, das in der Düsseldorfer Ausstellung natürlich nicht fehlen darf, ist ein verpackter VW-Käfer. Der Anlass war die erste Einzelausstellung des Künstler*inpaares 1963 beim legendären Düsseldorfer Galeristen Alfred Schmela. Rundum eingewickelt in gelbe Persenning und festgehalten von Seilen ist das Auto mit seinen so ikonischen Linien. Verpackt wurde der Käfer, eine Leihgabe eines Freundes des Fotografen Charles Wilp, im Hinterhof der Galerie. Wilp, der einige Jahre später für seine Afri-Cola Werbung für helle Aufregung sorgte, dokumentierte die Aktion. Einige Tage später jedoch musste der Käfer wieder ausgepackt werden, da der Besitzer sein Auto zurückhaben und es nicht als dauerhafte Skulptur enden lassen wollte. Erst 2014 wurde die im Kunstpalast ausgestellte Version erschaffen, die nun an die wilden 60er Jahre der Düsseldorfer Kunstszene erinnert. 

Der verhüllte Reichstag macht Christo & Jeanne Claude zum deutschen Politikum 

Wie so oft im Künstler*inleben von Christo und Jeanne-Claude bewiesen die beiden auch beim verhüllten Reichstag eine immense Ausdauer. Nach 24 Jahren des Klinkenputzens, Gesprächen mit sechs Bundestagspräsident*innen und der vehementen Ablehnung des Projektes durch Helmut Kohl und Wolfang Schäuble war es 1995 doch endlich so weit. Nachzulesen ist das in einem Schaukasten mit Zeitungsausschnitten. 14 Tage lang verhüllten mehr als 100.000 Quadratmeter silberner Stoff zusammengehalten von blauen Schnüren das damals nicht genutzte Gebäude. Und lockte Millionen von Interessierten an, während Christo und Jeanne-Claude nun allen Deutschen ein Begriff waren. Die Bilder des verhüllten Reichstages wurden schnell zum Symbol eines weltoffenen und wiedervereinten Deutschlands. Außerdem repräsentierte die Aktion die Rückkehr Berlins auf der Weltbühne von Kunst und Kultur. 

Triumphaler Abschluss in Paris 

Was lange währt, wird endlich gut. Im Falle des verhüllten Pariser Triumphbogens dauerte die Umsetzung der Idee nämlich sage und schreibe 60 Jahre. 1962 fertigte Christo eine erste Fotomontage mit der Ansichten der Avenue Foch und dem verhüllten Arc de Triomphe an. In den folgenden Jahrzehnten beschäftigten sich Christo und Jeanne-Claude immer wieder mit dieser Aktion. Im Herbst 2021 war es dann endlich so weit! Wieder pilgerten Millionen Besucher*innen zum Triumphbogen, ließen das eindrucksvolle Objekt auf sich wirken und gedachten sicherlich auch dem Schöpfer. Denn Christo war ein Jahr zuvor verstorben. Auf einer im Kunstpalast gezeigten Skizze von Christo aus dem Jahr 2019 sieht man sehr genau, wie sich der Meister seine letzte große Verhüllung zu Lebzeiten vorgestellt hatte. Sanft schmiegt sich der Stoff über das monumentale Bauwerk, das so seines nationalen Pathos enthoben wird – so, wie es auch schon beim Reichstag der Fall war. 

Echter Könnerschaft auch im Kleinen 

So mächtig die Werke von Christo und Jeanne-Claude auch oft waren, so kleinteilig sind die Ausarbeitungen auf Papier von Christo. Das könnt ihr ganz besonders gut an der Arbeit „Die Tore“ aus dem Jahr 2004 sehen. Die Skizze für ein später durchgeführtes Projekt im New Yorker Central Park wirkt von weitem wie eine architektonische Ansicht im typischen Christo-Stil. Beim genaueren Hinsehen erkennt man aber, dass die knall orangenen Bahnen tatsächlich echter Stoff sind. Wunderbar kleinteilig ist der Faltenwurf der Stoffbahnen, die sanft vom Wind nach hinten geweht werden. Hier zeigt sich also nicht nur Christos Könnerschaft im Großem, sondern auch in der Ausarbeitung seiner Ideen. Der Kunsthistoriker sagt zu dieser Arbeit „Mixed media“, schließlich wurde „Die Tore“ eben nicht nur mit Wachsmalkreide, Bleistift und Emailfarbe gemacht, sondern eben auch mit echtem Stoff, zusammengehalten durch Klebeband. 

Die Mastaba – ein Projekt für die Ewigkeit 

Ein echtes Highlight der Ausstellung erwartet euch im letzten Raum. Dort dreht sich alles um die Mastaba von Abu Dhabi. Christo und Jeanne-Claude planten in der emiratischen Wüste die größte Skulptur aller Zeiten zu errichten – aus 440.000 Ölfässern. Ganz dem ägyptischen Vorbild folgend wollten sie eine Skulptur erschaffen, die sogar vom Weltall aus gesehen werden konnte. Große Künstler denken eben auch groß. Und zwar sehr! 150 Meter hoch sollte die Mastaba aus den 200 Liter fassenden Stahlfässern werden. Die Mastaba ist übrigens der Vorläufer der heute noch so bekannten ägyptischen Pyramiden. Eine kleinere Version der geplanten Mastaba erregte  2018 in London große Aufmerksamkeit. Dort schwamm eine „nur“ 20 Meter hohe Version aus 7506 Ölfässern einen Sommer lang auf dem Serpentine See im Londoner Hyde Park und lockte unzählige Schaulustige an. 

Titelbild: Düsseldorf Tourismus

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