Sechs Avantgarde-Galerien, die ihr nicht verpassen dürft

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Sechs Avantgarde-Galerien, die ihr nicht verpassen dürft 

Die jungen Wilden 

Düsseldorf ist Epizentrum der internationalen Kunst – und die üppige Galerienszene spiegelt dies auf facettenreiche Weise wieder. Gerade die jungen Kunsthändler*innen bereichern das kulturelle Leben der Stadt ungemein und sorgen mit ihren Portfolios für die individuelle Würze. Wir nehmen euch mit auf eine Entdeckungstour jenseits der ausgetretenen Pfade und sagen euch, welche Stationen ihr unbedingt ansteuern solltet. Wer prägt mit seiner Galerie die neue Kunstmeile Birkenstraße in Flingern? In welchem Hinterhof tun sich neue Welten auf? Lasst euch entführen, inspirieren oder gar zum Kauf hinreißen. Mit dem richtigen Riecher entdeckt ihr vielleicht den zukünftigen Gerhard Richter.    

Linn Lühn 

Die Flingeraner Birkenstraße hat sich in den letzten Jahren zum wahrhaftigen Galerienhotspot gemausert. Dort zeigt Linn Lühn in einem ehemaligen Getränkelager internationale Positionen zeitgenössischer Kunst. Lühn, die selbst Künstlerin ist, kam 2011 von Köln nach Düsseldorf. Derzeit vertritt sie zwölf internationale aufstrebende und etablierte Künstler*innen. Bewusst arbeitet sie eng mit dieser recht kleinen Anzahl von Künstler*innen zusammen, darunter Dike Blair, Sarah Braman, William N. Copley und Florian Baudrexel. In unregelmäßigen Abständen zeigt sie auch Vertreter*innen einer älteren Generation, die einem breiteren Publikum noch nicht so bekannt sind. Lühn engagiert sich aktiv für die Kulturszene im Rheinland und ist Mitbegründerin und Herausgeberin des 2008 gegründeten „Cahier“, einer vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift, die über zeitgenössische Kunst im Rheinland, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg informiert. 

Wildpalms 

In einem Hinterhof auf der Gerresheimer Straße wartet die große weite Welt. Schwerpunkt der jungen Galerie wildpalms ist Kunst aus Nord-, Zentral- und Südamerika. Der Hintergrund? Jorge Sanguino, der den Kunstort gemeinsam mit seiner Partnerin Alexandra Meffert ins Leben gerufen hat, stammt aus Kolumbien. Die Themen bei wildpalms sind global: Umwelt, soziale Verantwortung oder Nachhaltigkeit. Belange, die junge Künstler*innen heute dies- und jenseits des Atlantiks beschäftigen – und die auch nachfolgende Generationen betreffen. Zu vielen kunst-, gesellschafts- und umweltrelevanten Fragen erhebt wildpalms auch selbst die Stimme: Texte und Podcasts für internationale Medien haben schon viel dazu beigetragen, lateinamerikanische Künstler*innen in Deutschland bekannt zu machen. Dass neben der künstlerischen Position das geschriebene Wort in der Galerie großes Gewicht besitzt, demonstriert auch ihr Name. Er zitiert das gleichnamige Buch des Literaturnobelpreisträgers William Faulkner.   

BOA 

BOA steht kurz für „based on art“. Um ihrem Namen gerecht zu werden, ruht die Galerie auf der Birkenstraße gleich auf zwei Säulen. Zum einen haben sich Dunja Evers und Thomas Mass auf den Handel mit internationaler zeitgenössischer und vormoderner asiatischer Kunst sowie auf antike Keramik spezialisiert. Zum anderen sind die Beiden selbst künstlerisch tätig. So haben sie bereits in Europa, den USA und Japan ausgestellt, Ausstellungen kuratiert und Kund*innen beim Kunstkauf beraten. Ihr reicher Erfahrungsschatz bildet die Grundlage bei basedonart. „Unser Ziel ist es, Ausstellungen zu präsentieren, die künstlerische Verbindungen über Zeit und Kultur hinweg aufzeigen“, beschreiben Evers und Mass ihre Philosophie. Auf diese Weise initiiert die Galerie einen kulturübergreifenden Dialog, der gleichzeitig die einzelnen künstlerischen Identitäten und Positionen stärkt, die gezeigt werden. „Wir möchten durch unsere kuratorische Arbeit einen Weg der Erkundung bieten, der zur transkulturellen Erzählung beiträgt.“  Ein echtes Erlebnis und die kurze Reise nach Flingern unbedingt wert.  

Max Meyer 

Seine Arbeit begann der Junggalerist Max Meyer 2011 zunächst ohne eine physische Galerie. Auf Konventionen pfeifend organisierte er seine Ausstellungen in den ersten Jahren an zahlreichen wechselnden Orten in der Stadt – die Kunstwelt liebte ihn dafür. Seit Herbst 2020 hat Mayer das Vagabundenleben jedoch gegen eine feste Bleibe getauscht und sich, gemeinsam mit seinem Vater, dem berühmten Kunsthändler Hans Meyer, im legendären Schmela Haus hinter der Kunsthalle eingemietet. Das enge mehrstöckige Haus gilt als Deutschlands erstes Galeriegebäude, 1971 erbaut als kombiniertes Galerie- und Wohngebäude für den seinerzeit sehr einflussreichen Galeristen Alfred Schmela. Max Mayer ist im unteren Geschoss eingezogen und zeigt hier Ausstellungen mit internationalen Größen wie Melanie Gilligan, J. Parker Valentine und Nicolás Guagnini sowie aufstrebenden Künstler*innen wie Flora Klein, Sarah Kürten oder Maximiliane Baumgartner. Die jungen Positionen stehen in inspirierendem Kontrast zu den Arbeiten etablierter KünstlerInnen wie Nam June Paik, die Vater Hans Mayer in den oberen Etagen des Mehrgenerationenhauses präsentiert.  

Lucas Hirsch 

In einem ehemaligen Copyshop auf der Birkenstraße hat der junge Galerist Lucas Hirsch ein Zuhause für die Arbeiten seiner Künstler*innen gefunden. „Es gibt viele White Cubes in der Stadt, die alle sauber und aufgeräumt sind, davon wollten wir uns abheben“, erklärt er das etwas raue Ambiente. „Der Raum sieht aus wie nach einem Auszug vorgefunden, aber wir haben eine Menge Zeit investiert, ihn so wirken zu lassen“, beschreibt Hirsch sein Interior-Design-Konzept. Der Kunsthändler hat zehn Jahre in der renommierten Galerie Sies + Höke gearbeitet, bevor er 2016 den Schritt in die Selbstständigkeit wagte. „Bis auf eine Ausnahme sind alle von mir vertretenen Künstler*innen etwa in meinem Alter, also zwischen 30 und 40 Jahre alt.“ Dennoch ist das Spektrum breit. Von Gemälden, die mit aufwändigsten altflämischen Techniken entstanden sind, bis hin zum Readymade reicht der Spannungsbogen.  

Kadel Willborn 

Der Begriff „artists’ artist“ stammt aus der Musikszene und bezeichnet Kunstschaffende, die zur Inspiration für andere Künstler*innen werden. Iris Kadel und Moritz Willborn füllen diesen Begriff mit Leben, indem sie verschiedene Generationen, deren Positionen und die Querverbindungen zeigen. Seit 2004 besteht die Galerie auf der Birkenstraße, das Arbeitsethos ist geprägt von dauerhaften Kooperationen und der langfristigen Begleitung von Nachlässen. Allen hier vertretenen Künstler*innen gemeinsam ist eine Hinterfragung der Wahrnehmung der Realität, die sich auf Aspekte des Neuen Realismus, der Konzeptkunst, der Performance Art und der Body Art stützt. Junge Künstler*innen wie Shannon Bool, Natalie Czech, Matthias Bitzer oder Ayan Farah, aber auch etablierte Protagonist*innen wie Barbara Kasten, Ketty La Rocca oder Inge Mahn tragen ihren Teil zum inspirierenden Portfolio der Galerie bei. 

Titelbild: LINN LÜHN, Düsseldorf
Installationsansicht Johannes Wohnseifer ‚B- B- Bilder‘ 2020
courtesy: der Künstler & Linn Lühn, Düsseldorf
Foto: Moritz Krauth

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