Wie die Red Hot Chili Peppers einmal NEU! trafen

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Wie die Red Hot Chili Peppers einmal NEU! trafen

Der Hamburger Musikjournalist Christoph Dallach hat für sein Buch „Future Sounds”, erschienen im Suhrkamp Verlag, zahlreiche Interviews mit den Protagonisten des Krautrock geführt. Wir haben mit ihm über seine Erkenntnisse und Erfahrungen gesprochen – und darüber, was das alles mit Düsseldorf zu tun hat. Dallach (Foto links) ist aktuell auf Lesetour mit Andreas Dorau (Foto rechts). Sie treten auch im Düsseldorfer Zakk auf.

Herr Dallach, was gab den Anstoß, ein Buch über Krautrock zu machen?

Das war der Abend, an dem die Red Hot Chili Peppers bei einem Konzert in Hamburg den von ihnen verehrten Michael Rother auf die Bühne baten, um mit ihm den NEU!-Klassiker „Hallogallo“ aufzuführen. Ich bemerkte die vielen erstaunten Gesichter im Publikum, die rätselten, wer das denn bitte sein soll. Mir ging durch den Kopf, wie wenig Rother und die anderen Musiker dieser Bewegung in Deutschland beachtet werden – dass es Kalifonier sein müssen, die uns darauf aufmerksam machen, was diese sogenannten „Krautrocker” gestartet haben. Also habe ich beschlossen, mit denen zu sprechen und die Resultate in einem Buch zu bündeln.

Erfordert die Interviewform des Buches nicht enormes Vorwissen von den Leserinnen und Lesern?

Ich mochte die Form der „Oral History“ schon immer. Mich hat vor langer Zeit mal ein Buch über die Warhol-Szene beeindruckt, das in dieser Form gehalten war. Und ich führe einfach gerne Interviews. Man benötigt als Leserin oder Leser überhaupt kein Vorwissen. Die Interviewten erzählen ja eine große Geschichte, die am Ende des 2. Weltkriegs beginnt und bis in die Gegenwart reicht. Was die erlebt haben, beeindruckt auch, ohne dass man vorab etwas über sie weiß.

Was macht diese Musik aus den späten Sechzigern und frühen Siebzigern heute noch relevant?

Diese Musik hat nichts an Relevanz verloren, weil sie immer noch einzigartig klingt. Das Besondere an Bands wie Can, Neu!, Amon Düül, Tangerine Dream, Faust oder Kraftwerk ist nicht der Sound, sondern eine Haltung: diese Sehnsucht, einen eigenen Weg zu finden. Also eine Musik, die nicht nach Vorbildern aus UK oder USA klingt, sondern einzig und allein nach ihnen. Dieses „bei Null anfangen“, wie Can-Gründer Irmin Schmidt das genannt hat.

Welche internationalen Musiker wurden von Bands aus Düsseldorf beeinflusst?

Sehr, sehr viele. Man kann da mit David Bowie und Brian Eno beginnen, die beide früh große Fans waren. Eno hat sogar eine Weile bei Michael Rother, Achim Roedelius und Dieter Moebius in ihrer Studio-WG gelebt. Wie sehr ihn das „beeinflusst“ hat, macht allein die zweite, instrumentale Seite des Bowie-Albums „Low“ deutlich. Ansonsten sind es zu viele, um sie alle aufzuzählen – von John Lydon über The Fall, bis New Order, Radiohead oder Blur. Dank Sozialer Netzwerke hat nun eine junge Generation diese Musik entdeckt.

Sie gehen aktuell mit Andreas Dorau auf Lesereise. Warum gerade mit ihm?

Andreas passt, weil seine Musik die Haltung, um die es in meinem Buch geht, weiterträgt. Also die Idee, etwas Eigenes machen zu wollen – etwas, dass nicht nach LA, London oder Seattle klingt. Wer klingt schon nach Andreas Dorau, außer Andreas Dorau? Ich war auch deshalb immer ein großer Fan seiner Musik. Das sagt im Buch auch ein Brite, nämlich Nigel House, Chef der coolen Rough Trade-Plattenläden. Der findet in Musikern wie Dorau die Haltung des eigenen Weges wieder. Doraus liebste Krautrockplatte kommt übrigens aus Düsseldorf: „Wunderbar” von Wolfgang Riechmann.

Zum Buch geht es hier lang. Und mehr zu Christoph Dallach findet ihr hier.

Mehr zu „Krautrock – Made in Düsseldorf“ bei Google Arts & Culture.


Unser Autor

Gerrit Terstiege war lange Jahre Chefredakteur der Zeitschrift „form” und gab drei Designbücher heraus. Er schreibt regelmäßig u.a. für Mint, Art, Monopol und den Rolling Stone und führte zahlreiche Interviews, etwa mit Diedrich Diederichsen, Bazon Brock, Klaus Theweleit, Richard Hamilton, Donald Fagen, Klaus Voormann und Leonard Cohen.


Fotos:
Titelbild: Christoph Dallach & Andreas Dorau © Stefanie Dallach
Foto 1: Christoph Dallach © Stefanie Dallach
Buchcover: © Suhrkamp
Portrait G. Terstiege: Wolfgang Armbruster

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