Die letzte Weintankstelle vor Alderaan

Weinforce

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Wer am Graf-Adolf-Platz stadtauswärts fährt und den Stadtteil Unterbilk ansteuert, kommt kurz hinter dem Kirchplatz an einer alten Tankstelle vorbei. Sie war eine der letzten freien Tankstellen, die mitten in Düsseldorf betrieben wurde. Und jetzt ist sie ein Weinladen. Michail Golzarandi (links) und Alexander Breivogel haben dort ihre zwei größten Leidenschaften in ein Konzept gegossen: Weinhandel und Musikhören. Wein Force ist sozusagen ein Getränkelager mit angeschlossenem Plattenspieler, auf dem immer der passende Sound läuft. Und es ist der einzige Wein-Drive-By der Stadt. Wir haben mit Michail Golzarandi über die alte Tankstelle gesprochen, über Rotwein aus Georgien und tatsächlich auch über Düsseldorfer Altbier.

Ihr habt aus einer alten Tankstelle einen Weinladen gemacht? Wie kam das?

Die Idee eines eigenen Weinhandels hatten wir schon länger. Auch das Konzept, wie es funktionieren sollte – unkomplizierter und doch kompetent, schnell, schnörkellos, aber mit Charakter und Kundennähe. Uns fehlte einfach die  Location. Sehr lange haben wir genau nach so einer Location gesucht, wir haben uns alte Tankstellen, Industrie- und Handwerksbetriebe angeschaut, aber nie das richtige gefunden. Als alter Unterbilker kam ich regelmäßig an dieser Tankstelle vorbei. Als sie dann geschlossen wurde, haben wir schnell mit dem Hausbesitzer gesprochen.

Was ist von der Tankstelle geblieben?

Wir haben behutsam versucht, äußerlich den chabby chic der 50er-Jahre Tankstelle zu erhalten. Der alte Kassen-Shop inklusive Glasfront ist jetzt das Büro, die gefliesten Säulen, zwischen denen die Zapfsäulen standen, haben wir erhalten und in unserer jetzigen Lagerhalle steht als Verkaufstheke umfunktioniert immer noch die alte Hebebühne.

„Wenn schon alles doof ist, dann wenigstens mit gutem Wein.“

Ihr postet auf Instagram regelmäßig Schallplatten, die Ihr zu den Weinen empfehlt. Welcher Sound passt denn zu einem Grauburgunder?

Pauschal lässt sich das nicht sagen,  das hängt von der Stimmung und vom Grauburgunder ab. Während der eher bedrückten Stimmung im winterlichen Lockdown schwingt sowohl musikalisch als auch was den Wein angeht ein anderer Mood mit als bei sonnigem Wetter und wohligem Gemüt. Grauburgunder ist einerseits so unterschiedlich und vielfältig, andererseits in der Wahrnehmung eher ‚everybody’s darling‘.Aktuell würden wir einem guten Grauburgunder eher etwas Poppigeres zur Seite stellen, das nach Aufbruch und Liebe schmeckt: Holly Johnson – love train. 

Und zu einem Rotwein aus Georgien, den Ihr ja auch anbietet?

Georgien und der nördliche Iran sind die Wiege des Weinanbaus. Hier wurde schon Wein kultiviert, bevor davon überhaupt etwas in der Bibel stand. Daher war es uns eine Pflicht, einen georgischen Wein anzubieten, gekeltert aus einer dort wachsenden Traube. Das ist große Weingeschichte, also passt auch nur ganz große Rock-Geschichte dazu: the Beatles – Back in the USSR. In der Version von Billy Joel vom Live-Album der Konzerte in der damaligen UDSSR. 

Wie ist das Verhältnis zwischen Tankstellen- und Online-Verkauf?

Noch ist es so, dass wir vor Ort mehr verkaufen als  online. Viele Kunden wollen die Beratung vor Ort und, wenn wir irgendwann wieder dürfen, auch Wein probieren, bevor sie ihn kaufen.

„Wein ist in Düsseldorf ein großes Thema. Es gibt viele gute Händler und auch Gastronomen, die wirklich gute Weine anbieten.“

Hat sich das Kaufverhalten in der Pandemie verändert, gibt’s plötzlich andere Vorlieben?

Kaum. Einige unserer Kunden neigen durch die Pandemie dazu, eher besseren Wein zu kaufen und zu trinken. Nach dem Motto: Wenn schon alles doof ist, dann wenigstens mit gutem Wein.

Wer kauft bei Euch ein?

Vor Corona haben wir hauptsächlich die Gastronomie beliefert, der Verkauf im Laden lief so mit. Das hat sich gewandelt. Wir haben in der Pandemie unseren Online-Shop auf die Beine gestellt und auch unserem Verkauf vor Ort einen viel größeren Fokus eingeräumt. Mittlerweile besucht uns ein sehr nettes und vielschichtiges Publikum aus der Nachbarschaft.

Wie gut ist die Altbier-Stadt Düsseldorf in Sachen Wein aufgestellt?

Wein ist in Düsseldorf ein großes Thema. Es gibt viele gute Händler und auch Gastronomen, die wirklich gute Weine anbieten. Das prägt auch die Menschen in der Stadt. Dann hält mit der Prowein die wichtigste Messe der Welt in diesem Bereich jedes Jahr in Düsseldorf Hof. Dadurch kommen nicht nur neue Impulse sondern auch eine Menge Weinkompetenz nach Düsseldorf.

Welche anderen Weinläden könnt Ihr besonders empfehlen? 

Da gibt es in den einzelnen Stadtteilen immer mal gut funktionierende Weinläden, die ebenfalls ihr Stammpublikum haben und mit viel Enthusiasmus die Begeisterung zum Wein vermitteln. Der Eiskeller und concept Riesling sind spannende Konzepte, die gut nach Düsseldorf passen. Schade ist z.B., dass die von Frank Schencking geführte Private Wein Compilation in Pempelfort verschwunden ist. Auch so ein gut funktionierender Laden in der Nachbarschaft.   

Ihr achtet besonders auf Nachhaltigkeit. Was bedeutet das im Weinhandel?

Wir haben bewusst auch als Händler eine Öko-Zertifizierung angestrebt und versuchen, unser Sortiment mit sehr vielen Bio-Weinen unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zu durchleuchten. Unsere Winzer suchen wir auch unter diesem Aspekt aus. Weine aus Übersee findet man bei uns beispielsweise nicht.

Ein echter Geheimtipp für passende Weinbegleitung?

Da gibt es natürlich unzählige Kombinationen, die gut passen. Aktuell ist einer unserer Favoriten tatsächlich Ingrid Groiss Grüner Veltliner in der Schablau Reserve zum Spargel.

Wie kann man Euch aktuell unterstützen?

Viel Wein trinken und sich dann wieder mit Nachschub bei uns eindecken. Aber auch wer keinen Wein mag, kann sich gerne von uns beraten lassen, und wir bestücken den Weinkeller – denn Wein sollte man immer im Haus haben.  

Trinkt Ihr auch mal ein Altbier?

Das sogenannte Konterbier kennt nahezu jeder Winzer und Weinhändler. Nach getaner Arbeit in Form von Weintrinken braucht man irgendwann auch mal ein Konterbier. Die eine oder andere Flasche Kürzer findet sich immer bei uns im Kühlschrank, aber so lange es von einer der Hausbrauereien kommt, gibt es an einem guten Alt nichts auszusetzen.


Die Weinforce findet ihr auf der Elisabethstr. 89-93 oder online.

Fotos: © Weinforce

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