„Ich hab Konfetti im Blut“

Thea Ungermann über Schumacher Alt und andere Düsseldorfer Spezialitäten

„Ich hab Konfetti im Blut“

Thea Ungermann über Schumacher Alt und andere Düsseldorfer Spezialitäten

Thea Ungermann leitet das „Schumacher“, die älteste Hausbrauerei der Stadt. Seit 1838 trinken Düsseldorfer*innen Schumacher Alt – im Karneval, nach Feierabend und zwischendurch. Dass Tradition nichts mit Stillstand zu tun hat, zeigen Ungermann und ihr Team mit neuen Altbier-Kreationen und besonderen Service-Ideen. Im Gespräch erklärt Thea Ungermann, was Altbier ausmacht und wie Gäste Düsseldorf am besten kennenlernen.

Frau Ungermann, Sie brauen das älteste Altbier Düsseldorfs. Was macht ein Original Schumacher aus?

Unser Alt ist hausgebraut in Düsseldorf nach dem Reinheitsgebot von 1516 mit deutschen Doldenhopfen, Malz und Wasser. Im Gegensatz zu industriellen Brauereien, wo man kaum noch Rohstoffe, geschweige denn Bier sieht, riecht oder schmeckt, legen unsere 20 Brauereiangestellten noch sehr viel Hand an und arbeiten mit traditionellen Geräten. Jeder Liter Schumacher Alt wird auf der Oststraße in Düsseldorf gebraut, vergoren, gelagert und filtriert.

Für alle, die es noch nicht probiert haben: Was ist das Besondere an Altbier?

Alt bedeutet nach alter Brauart gebraut, bevor Carl Linde die Kühlmaschinen erfand. Obergärig ist außerdem Weizenbier, Ale und Kölsch. Dank dem dunklen Malz und einer intensiveren Hopfung hat das Alt aber natürlich viel mehr Charakter als Kölsch. Die Lagerung baut die kopfschmerzverursachenden Gärungsnebenprodukte ab, das Bier wird verträglicher – nach einem netten Abend mit einigen Litern pro Person kann der Brauer dann nichts mehr dafür.

Wie viele Menschen kennen das Rezept für Ihr Bier?

Nicht viele, es ist ein geheimes Familienrezept.

Sie nennen sich nicht nur Brauerei, sondern Manufaktur – liegt Alt im Trend?

Unser Alt ist keinen Trends unterworfen, der Geschmack spricht für sich. Und Craft Beer entspricht ja dem, was wir schon immer machen: Bier handwerklich brauen und abfüllen. Um die Brücke zum heutigen Craft Beer zu schlagen, haben wir das 1838er entwickelt: ein Altbier 2.0,  das wir mit dem amerikanischen Aroma-Hopfen Cascade mit Zitrus-Charakter und dem australischen Hopfen Galaxy für beerige Aromen in der Kalthopfung zubereiten. Das 1838er hat ein fruchtig-prickelndes Hopfenaroma, ist perfekt für Biercocktails und zeigt, wie vielfältig Altbier sein kann.

Das Familienunternehmen Rügenwalder verdient inzwischen mehr mit vegetarischen Produkten als mit Wurst und Schinken. Vorstellbar, dass sich bei Ihnen fleischfreie Bierhäppchen durchsetzen?

Vieles ist vorstellbar, nur nicht, dass sich unser Schumacher Alt verändert. Es kommt aber natürlich häufig vor, dass Gäste vegetarische Speisen wünschen. Selbstverständlich haben wir leckere Gerichte auf der Karte – und mit dem Altbier sogar ein veganes Produkt! Der klassischen Metthappen und die köstliche Frikadelle aus unserer Brauhausküche bleiben aber Dauerrenner.

Wer kommt zu Ihnen, um ein Schumacher Alt zu trinken?

Unsere Gäste sind so vielfältig wie unser Angebot. Im Schumacher fühlen sich alle schnell wohl, Jung und Alt, Düsseldorfer und Auswärtige, vom Postboten bis zum Bänker, vom Messegast bis zum Stammgast, der jeden Mittag hier die Zeitungen liest. Unser Brauhaus ist wie ein zweites Wohnzimmer.

Was sollten Gäste bestellen, die zum ersten Mal zu Ihnen kommen?

Hier geht es ja um den persönlichen Gaumen. Wer es gerne herzhaft mag, wird auf unserer Speisekarte schnell etwas finden. Probieren sollte man natürlich all unsere Alt-Spezialitäten. Mein persönlicher Tipp: Frikadelle mit Spiegelei, Röstkartoffeln und Salat mit Schumacher Dressing

Nicht nur das Bier ist in Düsseldorf besonders, sondern auch diejenigen, die es servieren. Ein Wort zum Köbes: Was macht einen guten aus?

Der Köbes ist in einem Brauhaus eine Institution. Er bringt das frisch gezapfte Alt. Ein Köbes muss gute Nerven haben, auf die Hygiene achten und ist gleichzeitig Entertainer, Spaßvogel und Philosoph.

Und was ist mit weiblichen Servicekräften?

Eine Frau ist Kellnerin, nicht Köbes. Das ist eine männliche Bezeichnung  vom Namen Jakob abgeleitet.

„Kulinarisch macht Düsseldorf die Vielfalt aus von Sterneküche bis Büdchenkultur“

Wer zum ersten Mal Düsseldorf besucht und ein oder zwei Tage hat: Welche Orte empfehlen Sie, wohin sollten Tagestourist*innen gehen außer ins Schumacher?

An die Rheinuferpromenade und die Aussicht genießen oder weiter vorbei am Rathaus bis zum Medienhafen. So hat man den besten Einblick vom historischen zum modernen Düsseldorf und spürt die Vielseitigkeit und Toleranz dieser Stadt. Dann eine Rheintour von der Altstadt nach Kaiserswerth oder einfach über die Lorettostraße, die Luegallee oder die Kö flanieren – die Stadtteile bieten mit tollen kleinen Geschäften ganz viel Vielfalt. Und natürlich sind es besondere Highlights, die Stadt während des Karnevals, der Kirmes oder zum Japantag zu besuchen. Dann lernt man die weltoffene rheinische Lebenskultur kennen und lieben.

Ist es eigentlich noch ungewöhnlich oder nicht der Rede wert, als Frau in dieser Branche ein Familienunternehmen zu führen?

Es ist ungewöhnlich, ungewöhnlich toll. Ansonsten, nein. Ich wurde von Anfang an von meinen Eltern unterstützt. Und seit mehr als 50 Jahren sind Frauen in der Geschäftsführung unserer Brauerei.

Man würde denken, dass eine traditionsreiche Hausbrauerei wenig Veränderung verträgt. Ein Irrtum?

Seit Joh. Matthias Schumacher 1838 die Einrichtung der Brauerei „Im Sonnenaufgang“ gekauft hat, haben wir geliebte Traditionen erhalten und neue hinzugefügt. Unsere Gäste freuen sich über diese Werte. Sie vermitteln Beständigkeit, Heimat und geben Halt, gerade jetzt. Man muss Innovation und Tradition gekonnt miteinander verknüpfen, denn Stillstand bedeutet Rückschritt.

Was hat Ihnen in dieser Karnevalssession am meisten gefehlt?

Ich habe Karneval im Kopf und Konfetti im Blut! Uns allen fehlt es, die überschäumende Lebensfreude an die Gäste weiter zu geben. Karneval gehört zum Brauchtum Düsseldorfs und liegt fast jedem Rheinländer im Blut.

Wie sieht ihr persönliches Düsseldorf aus, welche Orte und Lokale besuchen Sie gern?

Orte, die Düsseldorf für mich ausmachen, sind der Carlsplatz, die Maxkirche, die Kö und die Wälder! Kulinarisch ist es die Vielfalt von Sterneküche bis zur Büdchenkultur, von Japanisch über Koreanisch und Italienisch zum bodenständigen Brauhaus.

Schumacher ist bei Ihnen Beruf und Familie – trinken Sie eigentlich privat noch Alt?

Natürlich! „Ein jeder spricht vom vielen Trinken, doch niemand spricht vom großen Durst“, dieser Spruch steht auf unseren Bierdeckeln.


Hier findet ihr das Schumacher in Düsseldorf

„Stammhaus“: Oststraße 123, Stadtmitte
„Im Goldenen Kessel“: Bolkerstraße 44, Altstadt

Aktuelle Infos und Öffnungszeiten zum Schumacher gibt es hier.

 Bilder: Schumacher, Header Thorsten Schmidtkord („Licht aus, Spot an!“)

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