Kraftwerk auf dem Colombier

Tour de France

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Kraftwerk auf dem Colombier

Wie es zu der Guerilla-Aktion bei der Tour de France 2020 kam

Florian Jöckel aus Frankfurt gehört zur „Street Guerilla“, die am Sonntag bei der 15. Etappe der Tour de France die Live-Übertragung sprengte:  In der ARD erklang vor dem Schlussspurt plötzlich die Musik von Kraftwerk, der Hubschrauber des französischen Fernsehens zeigte Plattencover der Düsseldorfer Elektro-Pioniere. Jöckel und seine Mitstreiter hatten die Gipfelstraße kurz vor der Zielankunft kameratauglich verschönert. Ihre Straßenmalerei war ein Tribut an Florian Schneider, den Kraftwerk-Gründer, und damit auch ein Gruß nach Düsseldorf.

Florian Jöckel, Ihr habt bei der Tour de France, 150 Meter vor der Bergankunft am legendären Colombier, eine besondere Würdigung des kürzlich verstorbenen Düsseldorfer Musikers Florian Schneider platziert.

Wir standen unter Schock, als wir von Florians Tod erfahren haben. Er war nicht nur ein großer Radsport-Fan – einer der größten, die ich kannte – er war auch ein Freund.

Wie ist die Idee zu der Guerilla-Aktion entstanden? 

Durch unsere Freundschaft war es selbstverständlich, Florian einen Radsport-üblichen Abschied zu bereiten. Der Grand Col de Colombier ist einer der neueren Berge, die die Tour de France ansteuert, und einer der härtesten. Es ist eine wunderschöne Bergankunft mit unfassbarem Panorama. Das fanden wir einen angemessenen Ort, um ihn Florian zu widmen.

Wann habt Ihr die Plattencover von Kraftwerk auf den Colombier gepinselt? 

Wir waren am 28. August einen kompletten Tag dort oben. Zu viert mit zwei Vans, sehr viel Farbe, Rollen und Lackdosen. Sowas muss gut geplant sein, denn auf den Gipfeln ist meistens gar nichts. Wenn dir da das Rot ausgeht, ist der nächste Laden 100 Kilometer und weiter entfernt. Auch benutzen wir das stärkste Zeug, was es gibt. Richtig stabile lang haltende Außenfarbe. Wir bringen das alles aus Frankfurt mit.


Wie waren die Reaktionen auf Eure Aktion?

Wir leben diesen Teil der Radsport-Kultur schon länger, deshalb sind wir auch nicht mehr unbekannt. Die Tourleitung findet das, so glauben wir, ganz gut. Die Helikopter freuen sich ja auch über die Bilder. Die Fahrer kennen uns, die Radsportmedien auch, und ab und an schaffen wir es dann sogar in das ARD-Live-Bild, wie mit dem „TSCHÜSS FLORIAN“-Motiv. Es freut mich, dass Florian medial so einen Abschied bekommen hat. Sollte es einen Himmel geben, dann bin ich mir sicher: Er hätte sehr laut darüber gelacht.

Ihr tretet unter als „Guilty 76 Veloclub Street Guerilla“ auf. Wer steckt dahinter? 

Die Street Guerilla entstand aus Guilty 76 Racing, dem weltweit einzigen Rock’n‘Roll Velo Club. Wir sind organisiert wie ein Motorradclub. Du brauchst zwei Bürgen und dann erst bist du dabei… die finale Member-Liste ist unter Verschluss. Wer wirklich dabei ist, erfährt niemand. Auch nicht, ob Florian Member war. 

Was bedeutet Dir Kraftwerk persönlich?

Helden.

Wo ordnest Du Kraftwerk allgemein ein?

Vieles wird gehen, Kraftwerk werden im Geschichtsbuch bleiben. Mozart, Bach, Beethoven, Kraftwerk (lacht). Wenn es überhaupt eine Hymne im Radsport gibt, dann ist es „Le Tour de France“ von Kraftwerk. Die Herren haben die Popkultur in den Sport gebracht. 

2017 spielten Kraftwerk beim Grand Départ der Tour de France ein Konzert im Ehrenhof in Düsseldorf. Warst Du vor Ort? 

Als Kraftwerk spielten, lieferte sich die Street Guerilla ein Katz- und Mausspiel mit der deutschen Polizei. Wir waren gerade dabei, unter einer Brücke eine Botschaft ans Peloton zu hinterlassen. Mit einer Kiste Bier haben wir dem Konzert im Hintergrund gelauscht.

Wir waren in Düsseldorf noch nicht bereit für Eure Straßenkunst?

Das ist der Unterschied. In Frankreich regelt die Polizei den Verkehr für dich, damit die Farbe trocknen kann. In Deutschland bist du mit einem Bein im Knast (lacht). Tatbestand: Grober Unfug.

In Düsseldorf wird Kraftwerk mit der Stadtführung „The Sound of Düsseldorf“ gewürdigt. Was verbindest Du mit Düsseldorf? 

Die „Schicke Mütze“ ist definitiv einer der coolsten Radläden bzw. Cafes der Republik.

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