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E-Paper Düsseldorf Magazin

N ur ein kleines Schild und das Geräusch der Säge weisen darauf hin, dass in diesem Hinterhof ein altes Handwerk weiterlebt. Im Inneren des einge- schossigen Gebäudes riecht es nach frischen Holzspänen und weder die Bekleidung noch der kräftige Händedruck der Inhaberinnen, Lis Butz und Christiane Nick, wollen zu dem Bild passen, das man von einer „Vergolderwerkstatt“ bekommen könnte. Das „Oro Fino“ ist ein reiner Frauen- betrieb und hier wird angepackt: „Vergolder beschreibt nur einen Ausschnitt unserer Tätigkeit. Wenn wir zum Beispiel einen Bilderrahmen herstellen, fangen wir beim rohen Holz an, schneiden die Leisten auf Maß, fräsen und veredeln dann die Oberflächen nach Wunsch des Kunden“, be- schreibt Nick ihre Tätigkeit. Im schmucklosen Erdgeschoss des Ateliers stapeln sich auf alten Holzböden Rahmen in verschiedensten Stärken und Ausprägungen: Viele sind vergoldet, andere grundiert, einige bemalt. In Pempelfort, wo Maler zu den ersten Anwohnern gehörten, entwickelte sich schnell eine Nachfrage nach Vergoldern und anderen kunsthandwerklichen Betrieben. Butz klärt auf: „Unser Handwerk gibt es hier im Viertel schon seit fast zwei Jahr- hunderten, das ist so gewachsen.“ GEWACHSENE KREATIVITÄT „Gewachsen“ ist der passende Begriff für das größte Innen- stadtviertel Düsseldorfs. Keine Gentrifizierung, kein Zuzug von Künstlern wegen günstiger Mieten hat das Viertel kre- ativ werden lassen, sondern jahrhundertelanges Wachstum. Ein besonderer Ausblick über die Hinterhöfe verdeutlicht das: Es ist eine fast ländliche Stimmung. Ein zweistöcki- ges Gebäude aus Backstein begrenzt den Hof – dahinter schweift das Auge über Parks und lose Bebauung. Die Sze- nerie wirkt fast dörflich. Und ist 150 Jahre alt. Das Gemälde „Blick auf Düsseldorf vom Atelierfenster“ des schwedischen Malers August Jernberg entstand 1865. Jernberg war Mit- glied der Düsseldorfer Kunstakademie und hat als einer der Ersten in Pempelfort gelebt und gearbeitet. Das – damals noch außerhalb der Stadtmauer gelegene – Gebiet wurde gerade als Wohnviertel für das Bürgertum erschlossen, Professoren der Kunstakademie, Maler der „Düsseldorfer Schule“ und Kunsthandwerker bezogen die mehrgeschossi- gen Stadthäuser an der Jägerhofstraße. Das, was man heute einen kreativen Hotspot nennen würde, war geboren. Auch wenn Pempelfort noch heute als der grünste Bezirk der Innenstadt gilt, ist die dörfliche Atmosphäre Geschichte. Die dicht besiedelte Gegend erstreckt sich vom Rheinufer mit seinen Museen bis zum alten Güterbahnhof im Osten. Im Süden reicht das Viertel sogar fast bis an die Königsallee, im Norden an die Jülicher und Klever Straße. Die ausge- zeichnete Infrastruktur und die gute Altbausubstanz sorgen dafür, dass Pempelfort zu den beliebtesten Wohngebieten der Stadt gehört. Ganz in der Tradition seiner bürgerlichen – und in der Kunststadt Düsseldorf auch kreativen – Anfän- ge. Einen besonderen Platz nehmen dabei die Innenhöfe ein. Schließlich war es im 19. Jahrhundert bei den Bürgern „en vogue“, zur Straße hin zu residieren. Den Innenhof zog kaum ein Zeitgenosse mit Geschmack ernsthaft als Wohn- raum in Betracht. So kam es, dass die Höfe den Handwer- kern vorbehalten blieben. Sie schufen sich hier ein solid kreatives Ökosystem, das bis heute Bestand hat. Bei der Fülle an Angeboten hinter den schweren Hof- toren ist es nicht einfach, den Überblick zu behalten. „Wir haben vor zehn Jahren festgestellt, dass selbst in Düsseldorf viele nicht mitkriegen, was hier alles passiert, sagt Vivien Reig-Atmer, die als Goldschmiedin zu den Gründern der Initiative „Perlfisch“ gehört. Sie organisiert seit 2005 ein Mini-Festival im Viertel, bei dem sich inhabergeführte « « Ruth Heinen ist der kreative Geist hinter Rita Lagune. Sie entschied sich ganz bewusst für den Düsseldorfer Stadtteil Pempelfort für ihren Showroom – zusätzlich zu den Standorten in Mailand und Paris. oben Mitte: Das Bistro „à Midi“ versteckt sich in einem Hof in der Nordstraße. oben rechts:„Keep calm and eat Hummus“. Das Motto des israelischen Restaurants„Die Kurve“ begrüßt den Gast schon am Eingang. unten: Christiane Nick (vorne) und Lis Butz sind Vergoldermeisterinnen in ihrer Firma„Oro Fino“. | 19Stadteil – Pempelfort »

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